Lamya Kaddor
12.10.2022

Lamya

Kaddor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich danke Ihnen,

dass wir heute erneut die Gelegenheit haben, den mutigen Frauen, Schülerinnen, Studentinnen, Studenten und allen Iranerinnen und Iranern aus dem Deutschen

Bundestag heraus unsere volle Solidarität zu zeigen. Inzwischen haben ja auch Proteste die Ölindustrie des Landes erreicht, und wir bangen und hoffen mit den

Menschen im Iran.

Ich bin froh, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Rahmen der EU an einem Sanktionspaket mit Einreiseverboten und dem Einfrieren von Konten

und Finanzströmen arbeitet. Natürlich sprechen wir uns mit den internationalen Partnern ab und drängen auf eine Verurteilung und unabhängige Untersuchung der

Vorgänge.

Darüber hinaus – das ist mir besonders wichtig – setzen wir uns in der Ampel für einen umgehenden Abschiebestopp in den Iran ein. Zugleich sollten wir

es Frauen und anderen Verfolgten im Iran leichter machen, in Deutschland und im Rest der Europäischen Union Schutz zu erhalten. Das gehört auch zu einer

feministischen Außenpolitik gegenüber dem Iran. Aber so etwas ist im Antrag der Union, den ich übrigens gelesen habe, leider nicht vorgesehen.

Es sind die von Ihrer Partei geführten Bundesländer, die sich gegen einen schnellen Abschiebestopp stemmen. Das ist weder menschlich noch politisch

für uns nachvollziehbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, entlarven Sie Ihr eigenes Kalkül: Sie wollen Frauen vor einem gewaltvollen Machtapparat schützen,

indem Sie auf das iranische Regime einwirken. Ihre angeblich frauenorientierte Außenpolitik soll die Lage von Frauen auf der Welt verbessern, aber es soll nicht

darum gehen, diesen hier bei Bedrohung Schutz zu bieten.

Der Schleier muss fallen, dann ist im Iran alles gut? Das ist viel zu kurz gedacht aus meiner Sicht. Sie sollten endlich im Hier und Jetzt ankommen.

Denn jenseits des Schleiers geht es eigentlich um Freiheit für alle, es geht um den Kampf gegen Korruption und Misswirtschaft, es geht um den Kampf gegen das

Unrechtsregime der Mullahs.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete, ein weiterer Punkt ist mir in diesem Zusammenhang noch unklar. Letzte Sitzungswoche

bekräftigte Herr Röttgen an dieser Stelle, wir müssten das Atomabkommen retten und zugleich die Frauen unterstützen. Der Kollege Hardt erklärte hier indes vor

Kurzem, das JCPoA sei bereits gescheitert und jetzt sollten wir das alles neu bewerten. Ja, wie lautet denn nun Ihre Analyse? Was wäre denn die Alternative zu

Verhandlungen über das Atomabkommen mit dem Iran? Was wären denn die Konsequenzen? Auch hierzu leere Zeilen in Ihrem Antrag.

Das iranische Regime ist schon lange, auch ohne die Bombe, ein destabilisierender Faktor in der Region; das zeigen neben seiner Unterstützung für

gewalttätige Aktivitäten im Libanon, in Syrien oder im Jemen auch die iranischen Drohnen- und Raketenangriffe auf die autonomen Kurdenregionen im Irak; seit dem

Ausbruch der Proteste im Iran kamen dadurch mehr als 15 Personen ums Leben.

Wir dürfen die jahrelangen Bemühungen um ein Atomabkommen nicht ad acta legen. Wenn der Iran eine Nuklearmacht würde, wäre dies ein Gamechanger für

den gesamten Nahen und Mittleren Osten und gewiss alles andere als eine Verbesserung für die leidgeplagten Kinder, Frauen und Männer vor Ort.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Es folgt Gökay Akbulut für Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)