Rede von Katharina Dröge Jahreswirtschaftsbericht 2020

30.01.2020

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Altmaier, Sie haben es eben selbst gesagt: Wenn die Prognosen für das nächste Jahr etwas besser aussehen sollten, dann hat es damit zu tun, dass der harte Brexit hoffentlich abgewendet wird, dann hat es damit zu tun, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China vielleicht nicht so schlimm wird, wie man befürchten musste. Mit einem hat es leider nichts zu tun, und das ist Ihre Politik. Denn wenn man sich anschaut, was die strukturellen Herausforderungen im Land sind, dann stellt man fest, dass Sie diese nicht angehen. Schlimmer noch: Ihre Politik ist so erratisch, dass sie mittlerweile zum Standortrisiko für dieses Land geworden ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kein Unternehmen kann auf dem Prinzip Chaos Investitionsentscheidungen gründen. Das traurigste Beispiel dafür ist Ihr Umgang mit dem Kohlekompromiss. Er ist nicht nur verantwortungslos mit Blick auf den Klimaschutz. Ihr Umgang ist auch aus demokratischer Sicht ein extrem schwieriges Signal an dieses Land. Da holen Sie aus allen gesellschaftlichen Gruppen Menschen zusammen und sagen Ihnen: Euer Auftrag ist es, einen Kompromiss mit Blick auf den Kohleausstieg zu verhandeln. – Dann brauchen Sie ewig, um das Ganze zu bewerten, und dann setzen Sie es noch nicht mal um, sondern gehen hinter die Ergebnisse zurück. Das Signal, was Sie damit an die Bürgerinnen und Bürger und auch an die Unternehmen in diesem Land senden, ist vor allen Dingen eines: Auf diesen Minister kann man sich nicht verlassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Timon Gremmels [SPD]: Ihr regiert doch mit in drei betroffenen Ländern! In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg! Redet doch einmal mit euren Leuten!)

Dasselbe machen Sie mit Ihrer Industriepolitik. Sie haben mit großen Worten eine Industriestrategie angekündigt. Dann haben Sie die nach massivem Widerstand zurückziehen müssen, haben eine neue vorgelegt, und dann sagen Sie, einen Kabinettsbeschluss möchten Sie daraus aber nicht machen. Wir brauchen keinen Minister, der immer nur schöne Papiere schreibt. Wir brauchen einen Minister, der handelt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Altmaier, Sie selbst haben die Stahlindustrie genannt. Ja, die braucht wirklich einen Minister, der handelt. Wenn thyssenkrupp oder Salzgitter auf eine klimaneutrale Stahlproduktion umstellen wollen, dann geht das nur, wenn wir einen Minister haben, der die Instrumente entwickelt, um ihnen zu helfen. Von Ihnen habe ich da aber bislang nichts gehört, weder einen Vorschlag für einen funktionierenden Grenzausgleich, um internationale Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen, noch einen Vorschlag für Instrumente, die helfen könnten, neue Technologien im Markt zu etablieren. Ich kann Sie nur auffordern: Wenn Sie eine zukunftsfähige Stahlproduktion hier in diesem Lande haben wollen, dann müssen Sie handeln!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bedauerlicherweise habe ich auch nichts von Ihnen dazu gehört, wie wir eine funktionierende Infrastruktur in diesem Land gewährleisten. Ich sage Ihnen, Herr Minister: In dieser Infrastruktur liegt die entscheidende Frage für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Das krasseste Beispiel – das haben wir gestern wieder im Ausschuss erlebt – ist das 5G-Netz. Hier schaffen wir die Infrastruktur der Zukunft, und seit Monaten gelingt es der Regierung nicht, eine gemeinsame Position dazu zu finden, welche Sicherheitsanforderungen wir an das 5G-Netz stellen wollen. Sie streiten miteinander,

(Timon Gremmels [SPD]: Ach! Die Union streitet erst einmal untereinander!)

Sie verzögern. Sie können uns nicht sagen, wie die Sicherheitsanforderungen an bestimmte Unternehmen sind. Darauf können die Unternehmen nicht länger warten. Wir brauchen dieses 5G-Netz für die Infrastruktur der Zukunft. Aber wir brauchen ein sicheres 5G-Netz, und es wäre auch die Aufgabe eines Wirtschaftsministers, hier zu handeln und nicht immer nur Sonntagsreden zu halten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Bernd Westphal, SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)