Bruno Hönel MdB
07.09.2023

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des BMJ ist traditionell ein Etat, der solide, konstant und verlässlich ist. Das ist aus Haushältersicht natürlich erst mal erfreulich. Der Etatentwurf für 2024 liegt erneut knapp über der Grenze von 1 Milliarde Euro, die Deckungsquote steigt sogar noch einmal um 1 Prozentpunkt auf rekordverdächtige 65 Prozent.

Wie der Etat, so sind auch unser Rechtsstaat und unsere Demokratie solide, verlässlich und glücklicherweise seit über 70 Jahren in ihren Grundfesten konstant. Unabhängige Gerichte, maßvolles staatliches Handeln und faire Verfahren definieren den Entfaltungsraum unserer offenen Gesellschaft. In einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung dürfen wir nie vergessen: Der Rechtsstaat ist unser gemeinsamer Anker – er ordnet nicht nur unser Zusammenleben, er schützt auch vor staatlicher Willkür und eröffnet den Bürgerinnen und Bürgern die Freiheit, ihren durch die Grundrechte garantierten Handlungsspielraum zu nutzen. Unseren Rechtsstaat zu schützen und zu stärken, ist unsere gemeinsame Verantwortung. Der Haushaltsentwurf des Justizministeriums wird dieser Verantwortung trotz angespannter Haushaltslage und multipler Krisen gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Minister Buschmann, Sie haben Ihre Schichtungsfreiheit genutzt, um Sparvorgaben umzusetzen. Ich möchte ausdrücklich anerkennen, dass es in diesem Etat – ein personalgeprägter Verwaltungshaushalt – absolut nicht einfach ist, zu kürzen. Das ist glasklar. Und dennoch: Wir erleben eine deutliche Verschiebung des Diskurses, was Antisemitismus und Rechtsextremismus angeht. Und wir haben in den letzten Wochen auf bittere Art und Weise aufgezeigt bekommen, dass selbst in höchsten Staatsämtern ganz offensichtlich nicht überall klar ist, wie man mit Antisemitismus oder auch dem Anschein von Antisemitismus umzugehen hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Und da muss man eben auch sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Markus Söder, weil er eben keine Konsequenzen zieht, den Nährboden für die Täter-Opfer-Umkehr des Hubert Aiwanger bereitet. Und er zeigt sich damit nicht nur geschichtsvergessen, sondern er nimmt aus rein taktischen Erwägungen eben auch billigend in Kauf, dass das Ansehen Bayerns auch über unsere Landesgrenzen hinaus beschädigt wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Abg. Beatrix von Storch [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Ich werde die Frage nicht zulassen, Frau von Storch. – Dieses Stück aus dem Gruselkabinett zeigt uns doch, dass wir Demokratieförderung, Erinnerungskultur und den Kampf gegen Hass und Hetze forcieren müssen. Auch deswegen halte ich die Kürzungen bei Organisationen wie HateAid oder auch der Amadeu-Antonio-Stiftung für einen Fehler, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])

Extrem bitter ist zudem, dass ein neuer Titel im Regierungsentwurf auftaucht: „Zahlungsverpflichtungen aus Verstößen gegen EU-Recht“: 35 Millionen Euro in 2024.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Diese Strafzahlung an die EU gründet auf der zu späten Umsetzung der Hinweisgeberschutzrichtlinie.

(Dr. Martin Plum [CDU/CSU]: Das haben Sie verbockt!)

Die verspätete Umsetzung der Richtlinie aus 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, haben wir zum Großteil den Kolleginnen und Kollegen der Union zu verdanken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Widerspruch bei der CDU/CSU)

In Ihren Reihen gibt es ja bekanntlich einige grundsätzliche Probleme mit den Themen „Hinweisgeberschutz“ und „Transparenz“. Deshalb wurde die Umsetzung in der GroKo lange verschleppt; die Rechnung liegt jetzt vor. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, das geht auf Ihre Rechnung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Axel Müller [CDU/CSU]: Was?)

Und zusammen mit den mindestens 243 Millionen Euro Schaden durch das Pkw-Maut-Desaster von Andi Scheuer wäre übrigens mehr als ein Viertel dieses Einzelplans ausfinanziert. Es ist gut, dass diese politische Irrfahrt der Union endlich ein Ende hat, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der CDU/CSU-Fraktion?

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nicht an dieser Stelle. Herzlichen Dank.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Pure Angst! Oh, muss die Angst groß sein! Er zittert schon am Rednerpult! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Also, wenn man die Union direkt anspricht, dann muss man auch eine Zwischenfrage zulassen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

– Beruhigen Sie sich mal ein bisschen!

Aber nun zu den erfreulichen Teilen in diesem Einzelplan: Die Digitalisierung der Justiz kommt voran. Die erste Tranche Digitalisierungsmittel ist bereits vom Haushaltsausschuss freigegeben worden; die nächsten werden bald folgen. Da geht es darum, digitale Gerichtsverhandlungen zu ermöglichen. Es geht darum, den Rechtsverkehr zu digitalisieren. All das wird dazu führen, dass Bürger/-innen schneller, unbürokratischer und einfacher zu ihrem Recht kommen, und dabei hat der Minister unsere volle Unterstützung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ein Erfolg, den wir im letzten Jahr erzielt haben und der jetzt seine Früchte trägt, ist der Klimaschutzsenat beim Bundesverwaltungsgericht; er nimmt nun in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres seine Arbeit auf. Die Planungsverfahren zu beschleunigen und den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben, das sind ganz zentrale Stellschrauben für Klimaschutz in der Praxis in unserem Land. Ich freue mich sehr darüber, dass die Ampelkoalition es hier erneut schafft, Querschnittsaufgaben wie den Klimaschutz als solche zu verstehen. Das war in den vorangegangenen Legislaturperioden nämlich nicht der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)

Lassen sie uns da weiterhin gemeinsam an einem Strang ziehen, dass wir unsere Justiz auf die Höhe der Zeit bringen: moderner, digitaler, schneller und effizienter. Der Haushaltsentwurf liefert hierfür eine gute Grundlage.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Das Wort zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Martin Plum.