Bruno Hönel MdB
01.02.2024

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 7. September 2023 haben wir hier in erster Lesung über den Haushalt des Justizministeriums beraten. Einen Monat später, am 7. Oktober, hat die Terrororganisation Hamas auf menschenverachtende Weise den Staat Israel angegriffen, 1 200 Menschen brutal ermordet, Tausende verletzt und 240 Menschen als Geiseln entführt. Dieses Datum, an dem sich der größte Massenmord an Juden seit dem Zweiten Weltkrieg ereignet hat, wird uns immer im Gedächtnis bleiben. Umso schockierender ist es, dass diese Zäsur eine Welle des Antisemitismus auf deutschen Straßen sichtbar gemacht hat, sichtbar, weil dieser Antisemitismus nicht neu ist, sondern schon vor dem 7. Oktober, zwar weniger sichtbar, aber nicht minder bedrohlich, in den Köpfen einiger Menschen vorhanden war. Ich bin sehr dankbar, dass die Mitte dieses Parlamentes – von SPD über Grüne, FDP bis hin zur CDU/CSU-Bundestagsfraktion – unmissverständlich klarmacht, dass wir diesen Antisemitismus in aller Konsequenz und mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpfen werden. Wir akzeptieren keinen Antisemitismus auf deutschen Straßen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Etat des Justizministeriums sind traditionell einige Förderungen für den Kampf gegen Antisemitismus enthalten. Trotz schwieriger Haushaltslage ist es uns auch in diesem Haushalt gelungen, über die Einzelpläne hinweg zusätzliche 100 Millionen Euro für die Unterstützung jüdischen Lebens in Deutschland und Europa zur Verfügung zu stellen. Im Etat des BMJ haben wir zum Beispiel zusätzliche 625 000 Euro für das Anne-Frank-Zentrum bereitgestellt, und wir finanzieren ein Projekt, in dem Schüler/-innen nationalsozialistische Geschichte in ihren Heimatorten erarbeiten und auf diese Weise die Folgen rechter Hetze und faschistischer Politik konkret und greifbar für sie werden. Zudem bezuschussen wir mit 470 000 Euro den Bau von Luftschutzbunkern für in Armut lebende Holocaustüberlebende in Israel, für die wir eine besondere Verantwortung haben. Unsere Solidarität mit Israel ist Teil unserer DNA, der DNA unseres Landes, und es ist gut, dass sich das auch im Haushalt des Justizministeriums manifestiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ein zweites wichtiges Thema bei diesen Haushaltsverhandlungen war für uns der Kampf gegen Hass und Hetze, sowohl in der analogen wie auch in der digitalen Welt; denn auch der respektvolle Diskurs ist eine tragende Säule unserer Demokratie. Wir erleben, dass gerade in sozialen Netzwerken die Regeln des guten Anstandes und die Persönlichkeitsrechte von Menschen massiv verletzt werden. Projekte wie das von HateAid setzen hier etwas entgegen und unterstützen Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte. Deswegen bin ich froh darüber, dass es uns auch hier gelungen ist, diese wichtige Arbeit fortzusetzen und das Projekt HateAid abzusichern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Demokratie steht unter Beschuss von ganz rechts außen. Wir müssen die Institutionen unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, unsere Verfassungsorgane, gegen ihre Feinde schützen. Man braucht nicht weit zu schauen, um zu sehen, was passiert, wenn autoritäre Kräfte – so wie wir sie mit der AfD auch im Deutschen Bundestag sitzen haben – an die Macht kommen.

(Zuruf des Abg. Fabian Jacobi [AfD])

Ob in Polen, Ungarn oder der Türkei – sie wollen Demokratie und Rechtsstaat von innen zersetzen. Dem müssen wir vorbeugen, und deswegen ist es richtig, das Bundesverfassungsgericht besser vor den Verfassungsfeinden vom rechten Rand zu schützen. Und auch hier bin ich gerade der Union sehr dankbar, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen für Rechtsstaatlichkeit, für Demokratie in unserem Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Es macht doch Mut, dass so viele Menschen, mehr als je zuvor, für unsere Demokratie auf die Straße gehen: für Vielfalt, für Freiheit, für unsere Demokratie, gegen die AfD. Wir wissen, was eine AfD in Regierungsverantwortung in unserem Land anrichten würde.

(Enrico Komning [AfD]: Nur Gutes! – Fabian Jacobi [AfD]: Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat! Das Gegenteil von dem, was Sie tun!)

Die wollen aus der Europäischen Union austreten, was unsere wirtschaftliche Kraft vernichten würde, was ein Jobvernichtungsprogramm wäre. Sie erzählen immer, Sie wollen den Mittelstand stärken. Was für ein Humbug! 60 Prozent unserer Exporte gehen in den europäischen Binnenmarkt. Gerade der Mittelstand ist abhängig von dieser europäischen Nachfrage.

(Enrico Komning [AfD]: Wir wollen eine europäische Wirtschaftsunion!)

Mit Ihrer Politik legen Sie die Axt an den deutschen Mittelstand und damit an das Fundament unserer wirtschaftlichen Stärke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Und das Gruselkabinett geht ja weiter. Die AfD will junge Menschen mit der Wehrpflicht an die Waffe zwingen und die älteren dazu, bis zum Alter von 70 Jahren oder länger zu arbeiten. Die wollen, wie in China, die Menschen mit Gesichtserkennungssoftware und mehr Videokameras im öffentlichen Raum überwachen und gleichzeitig das Waffenrecht lockern. Amerikanische Verhältnisse – jeder verteidigt sich selbst mit einer Waffe.

(Enrico Komning [AfD]: Freiheitliche Verhältnisse!)

Und dazu Steuerentlastungen für Hochvermögende zulasten der Mitte der Gesellschaft – und das ist nur ein Auszug aus dem AfD-Programm gegen Deutschland.

(Enrico Komning [AfD]: Glauben Sie denen kein Wort! Alles Lüge!)

Das ist keine Alternative, weil es keine Politik für die Menschen ist, sondern ein Vernichtungsprogramm für Wohlstand und Lebensqualität in unserem Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Deswegen gehen die Leute doch auf die Straße und zeigen, dass die große Mehrheit in Deutschland das nicht will. Sie wollen so ein Deutschland nicht, und zwar nie wieder.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Fabian Jacobi [AfD]: Wer fährt denn aktuell dieses Land vor die Wand? Das sind nicht wir!)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die Unionsfraktion hat nun das Wort Carsten Müller.

(Beifall bei der CDU/CSU)