Awet Tesfaiesus MdB
01.02.2024

Awet Tesfaiesus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren haben wir immer wieder gesehen, wie Stimmen des Hasses versucht haben, die Grundfeste unserer freiheitich-demokratischen Grundordnung zu untergraben.

(Zuruf von der AfD: Die Ausgrenzung während der Coronazeit war schlimm! Da gebe ich Ihnen recht!)

Eine Ordnung, die Sie nicht nur ablehnen, sondern der Sie den Krieg erklärt haben.

Die historischen Parallelen springen ins Gesicht. Nicht wenige fühlen sich angesichts des nicht ganz so geheimen Treffens in Potsdam an die Wannsee-Konferenz erinnert.

(Fabian Jacobi [AfD]: Sie wissen, dass das strafbar ist! § 130 StGB! Verharmlosen des Völkermords! – Gegenruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ruhe da drüben! Mann, ey!)

Dagegen gehen mehr und mehr Menschen in unserem Land auf die Straße. Sie gehen auf die Straße,

(Fabian Jacobi [AfD]: Das ist abgründig, was Sie hier tun! Abgründig! – Gegenruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie jetzt mal ertragen, verdammt! – Gegenruf des Abg. Fabian Jacobi [AfD]: Ja, verdammt!)

weil jüdische Menschen ihre Kippa verstecken müssen, auch wenn sie vielleicht selbst nicht Juden sind. Sie gehen auf die Straße, weil Hijabs zu Zielscheiben geworden sind, auch wenn sie selbst keine Muslime sind. Sie gehen auf die Straße, weil Menschen mit Migrationsgeschichte mit Deportation bedroht werden, auch wenn sie selbst vielleicht keine Migrationsgeschichte haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Sie gehen auf die Straße, weil wir alle wissen, dass unser Rechtsstaat, unsere Freiheit, unsere Demokratie bedroht sind. Uns eint die Erkenntnis, dass die Menschenrechte unteilbar sind. Die Würde all dieser Menschen ist zugleich auch meine Würde.

Unsere klare Botschaft an jene, die in diesen Tagen auf die Straßen gehen, kann nur sein: Wir alle hier in diesem Haus, nicht nur die Ampel, sondern auch Die Linke und die Union, stehen an eurer Seite und kämpfen für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Diese Menschen wollen unseren Rechtsstaat schwächen. Wir werden ihn stärken. Sie wollen mit rechten Netzwerken, Trollarmeen, den digitalen Raum in eine Arena des Menschenhasses verwandeln. Wir stärken diejenigen, die sich gegen Rechtsextremismus, Hass im Netz, gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sonja Eichwede [SPD])

Mein Dank gilt insbesondere HateAid und dem Anne-Frank-Zentrum, die sich unermüdlich den Betroffenen von Hass und Diskriminierung an die Seite stellen. Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr trotz aller haushalterischen Herausforderungen die Förderungen realisieren konnten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die Stärke unserer rechtsstaatlichen Demokratie zeigt sich aber auch in der Wehrhaftigkeit ihrer Justiz. Wir müssen unsere Justizorgane gegen jede Form der Gleichschaltung immunisieren.

(Fabian Jacobi [AfD]: Das hat ja wunderbar geklappt die letzten Jahrzehnte! Eine gute Idee!)

Die wahre Stärke unserer Demokratie zeigt sich aber nicht allein in der Abwehr ihrer Feinde. Die wahre Stärke zeigt sich in der gelebten Gerechtigkeit, in unserer Fähigkeit, die zu schützen, die marginalisiert und benachteiligt sind.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Erlauben Sie eine kurze Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?

Awet Tesfaiesus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein, danke. – Es geht darum, ob jede Person, unabhängig von Behinderung, Herkunft, sexueller, geschlechtlicher Identität sich sicher und geschützt fühlen kann unter dem Dach unserer Werteordnung.

In Zeiten, in denen sich rechte Netzwerke unverhohlen Deportationsfantasien hingeben, in denen Menschen in diesem Land sich fragen, ob es an der Zeit ist, ihre Koffer zu packen,

(Fabian Jacobi [AfD]: Sprechen Sie von Herrn Bundeskanzler Scholz oder von Frau Bundesinnenministerin Faeser?)

ist es unsere Pflicht, das Antidiskriminierungsrecht starkzumachen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die vorhandenen Schutzlücken zu schließen, den Schutz zu verbessern. Hier sind wir als Regierungsfraktion – das sage ich ganz offen – in der Pflicht und müssen noch liefern.

Lassen Sie uns die gestrigen Worte von Eva Szepesi mahnende Worte sein:

„Die Shoah begann nicht mit Auschwitz. Sie begann mit Worten. Sie begann mit dem Schweigen und dem Wegschauen der Gesellschaft.“

Meine Damen und Herren, unser aller Aufgabe ist es, eine Gesellschaft zu gestalten, in der jeder Einzelne in Würde und Respekt leben kann, in der die Justiz hierüber wacht; denn nur so können wir die Dämonen der Vergangenheit verbannen und eine Zukunft bauen, die auf den unerschütterlichen Säulen der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Würde des Menschen ruht.

(Fabian Jacobi [AfD]: Die Dämonen der Gegenwart!)

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Professor Weyel für die AfD-Fraktion hat eine Kurzintervention angekündigt.