Rede von Lisa Badum Klimaschutz
Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt, ehrlich gesagt, etwas verwirrt. Ich weiß ja, dass es viele Diskussionen innerhalb der AfD-Fraktion gibt. In der letzten Debatte hat Ihr Kollege Herr Roger Beckamp erzählt, dass Sie sich für Klimaschutz einsetzen. Aber jetzt haben Sie einen Antrag für ein Klimaschutzmoratorium eingebracht. Was stimmt denn nun?
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Die nächste Ungereimtheit ist, dass Ihnen CO2-Bilanzen und diese ganze Diskussion darüber eigentlich vollkommen egal sind.
(Karsten Hilse [AfD]: Stimmt! Dem Klima sind CO2-Bilanzen komplett egal! Ich sage nur: Erdgeschichte!)
Aber Sie schaffen es dann immer noch, darin das Thema der globalen Ungerechtigkeit unterzubringen und den Globalen Süden dafür anzuschwärzen, dass wir als Industriestaaten historisch die meisten Emissionen in die Luft geblasen haben.
(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Das ist taff, dass Sie sich das hier auch noch trauen. Aber globale Gerechtigkeit, Solidarität sind natürlich Fremdwörter für Sie. – Natürlich haben wir als Deutschland das Recht, pro Kopf viermal so viel CO2 auszustoßen wie Menschen in Indien; das ist in Ihrem Welt- und Menschenbild ganz klar.
(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Wir unterstützen das nicht. Wir sind für Klimaschutz und Solidarität.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Angesichts der abstrakten Zahlen, die Sie aufführen,
(Stephan Brandner [AfD]: Was sollen „abstrakte Zahlen“ sein?)
würde mich einmal interessieren, ob Sie vor dem Verfassen dieses Antrags auch mal in Regionen unterwegs waren, wo die Klimakrise tatsächlich eine Rolle spielt.
(Zurufe von der AfD)
Ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben: Die Wahrscheinlichkeit für Unwetter, für Trockenheit, für Dürren und für Überflutungen ist mit der Erderhitzung sehr, sehr stark gestiegen. Waren Sie bei den Menschen im Ahrtal, bei denen auch jetzt, zwei Jahre nach der Katastrophe, noch nichts wieder ist, wie es mal war?
Waren Sie in Italien? Ich weiß nicht, ob Sie so weit fahren.
(Stephan Brandner [AfD]: Ich habe mir den ausgetrockneten Gardasee angeschaut!)
Letzte Woche sind in Italien 14 Menschen durch Überschwemmungen umgekommen; in eineinhalb Tagen ist so viel Wasser vom Himmel gefallen wie normalerweise in sechs Monaten.
(Jürgen Braun [AfD]: Was hat denn irgendein Hochwasser mit Klima zu tun? So etwas Lächerliches!)
Die Region zwischen Bologna und Rimini, in der das passiert ist, ist völlig in Aufruhr. Die Regierung sagt, dass sich die Schäden in der Landwirtschaft auf mehrere Milliarden Euro belaufen.
(Stephan Brandner [AfD]: Dafür ertrinkt keiner mehr im Gardasee! Der ist dann leer! – Weiterer Zuruf von der AfD: Hochwasser hat es schon zur Zeit der Römer gegeben!)
Aber vielleicht sagt Ihnen Italien nichts. Dann gehen wir weiter nach Spanien. Da wurde der Wasserverbrauch aktuell um 40 Prozent gedrosselt, also reduziert. Die Menschen dürfen nur noch fürs Wesentliche Wasser entnehmen. Die Landwirtschaft braucht ein Notfallpaket von 2,19 Milliarden Euro.
Aber auch Spanien ist Ihnen zu weit weg. Dann schauen wir doch nach Deutschland: das schlimmste Trockenheitsjahr in Deutschland.
(Stephan Brandner [AfD]: Das heißeste Frühjahr!)
Wir waren weltweit Platz drei bei den Klimaschäden, und zwar wegen der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft; 65,6 Milliarden Euro Schäden wegen einer verdorbenen Ernte, wegen trockener Wälder.
(Marc Bernhard [AfD]: Wie war es denn in diesem Jahr? – Jürgen Braun [AfD]: Wie war es in diesem Jahr, in den letzten Monaten? Wie ist es jetzt?)
Das ist die Realität, in der wir uns bewegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber ich habe natürlich in Ihren Antrag reingeschaut,
(Stephan Brandner [AfD]: Schön!)
auf Grundlage der Fakten, die mir vorliegen. Sie sorgen sich in Ihrem Antrag darum – ich möchte es gar nicht weiter kommentieren –, dass zu viel Klimaschutz schlecht für die Erzeugung von Nahrungsmitteln sein könnte,
(Zuruf von der AfD: Allerdings! – Marc Bernhard [AfD]: Wenn überall Solaranlagen auf den Feldern stehen, können da keine Nahrungsmittel wachsen!)
schlecht für die Landwirtschaft, und sorgen sich darum, dass die Bevölkerung deswegen materielle Wohlstandsverluste erleiden könnte.
Wie gesagt, ich möchte keinen weiteren Kommentar dazu abgeben, auf welcher Basis Sie hier weiter die Klimakrise leugnen. Jede Debatte in diesem Bundestag, in der Sie sich hier positionieren, ist – auch wenn viele von uns sagen: wir haben es schon oft gehört – für uns ein weiterer Beweis dafür, dass wir die Brandmauer gegen rechts wirklich stabil hochhalten müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Herr Kraft, es gibt nur etwas Positives.
(Stephan Brandner [AfD]: Kernkraft! Kein Zufall!)
Ich weiß, dass Sie ein großer Fan von Kernenergie sind; das haben Sie jetzt nicht direkt erwähnt. Wir haben aber noch ein Problemthema offen: die Endlagersuche.
(Marc Bernhard [AfD]: Das brauchen wir nicht!)
Wir haben jetzt wahrscheinlich noch mehrere Jahre vor uns, wo wir ein Endlager für Atommüll suchen.
(Marc Bernhard [AfD]: Wir brauchen kein Endlager! Wenn Sie sich einmal mit dem Thema beschäftigen, sehen Sie das! Das ist kein Müll, sondern das ist Brennstoff! Können Sie in einschlägigen Fachzeitschriften nachlesen!)
Ich freue mich, dass Sie das Material in Ihrem Wahlkreis, Augsburg-Land, dann einfach aufnehmen werden, weil Sie die Option haben, diesen Atommüll recyceln zu können; das haben Sie hier ja mehrfach dargelegt. Zumindest ein Problem wäre dann gelöst. Aber ansonsten leisten Sie keinen Beitrag zur Debatte und sind eine Gefahr für die Freiheit in diesem Land.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)