Rede von Lisa Badum Kohlendioxidspeicherung

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27.04.2023

Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache jetzt schon seit Längerem Klimapolitik; aber was mich bei dem heutigen Diskurs wirklich überrascht, ist diese Emotionalität, mit der Menschen über CCS reden,

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Und die Grünen waren nie emotional! Ist schon klar!)

die jahrelang die Energiewende blockiert haben und die auf einmal statt sachlicher Sprache eine sehr blumige Sprache verwenden und CCS als Herzensanliegen bezeichnen. So viel Gefühl würde ich mir tatsächlich auch wünschen, wenn es um die über 95 Prozent Emissionsminderungen geht, die völlig ohne CO2-Abscheidungsspeicherung nötig sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Lassen Sie uns gerne auf das Beispiel Dänemark schauen, weil es sein könnte, dass es in der Debatte noch aufkommt. Es ist tatsächlich so: In Dänemark wird eine potenziell große Speicheranlage für CO2 auf dem Boden der Nordsee eingeweiht, 250 Kilometer von der Küste entfernt. Dazu gab es viele Schlagzeilen in den Medien, unter anderem im „Handelsblatt“; da konnte man lesen: „Die Speicherung von CO2 boomt“. Was mich nur wundert: Dieselben Akteure berichten nicht über die Klimaschutzleistung, die Dänemark schon überirdisch erbracht hat.

Es ist ja Wahnsinn, was dort schon gelaufen ist: in der Kreislaufwirtschaft, bei nachhaltiger Landwirtschaft und auch bei der Wärmewende.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Helmut Kleebank [SPD])

Denn da ist Dänemark schon an einem Punkt, wo wir noch hinwollen. Über zwei Drittel der Menschen sind an das Fernwärmenetz angeschlossen. Es heizen nur noch 15 Prozent der Haushalte mit Erdgas und nur noch 8 Prozent der Haushalte mit Öl. Zum Vergleich: In Deutschland haben noch über 50 Prozent Gasheizungen und ein weiteres Viertel Ölheizungen.

Warum ist Dänemark denn schon so viel weiter als wir? Weil sie ihre Konsequenzen aus der Ölkrise in den 70er-Jahren gezogen haben. Sie wollten unabhängig werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber in Deutschland wollen konservative Kreise selbst im 50. Jahr nach der Ölkrise, selbst im Jahr nach dem Beginn des Gaskriegs von Putin keine Wärmewende und wollen diese blockieren und verhindern. Sie wollen verhindern, dass wir unabhängig werden. Sie wollen den Leuten weiterhin Gasheizungen aufschwatzen, weil einfach noch zu viele daran verdienen, weil es ihnen zu aufwendig ist, Lösungen für die Gasnetze in den Städten zu entwickeln, weil sie keine Veränderung und keinen Klimaschutz wollen.

Es sind fast 200 Millionen Tonnen CO2, die wir jährlich durch den Gasverbrauch in die Atmosphäre ausstoßen. Glauben Sie denn, dass wir diese 200 Millionen Tonnen mithilfe von Shell und Wintershall DEA in der deutschen Nordsee einspeichern, einlagern können? Glauben Sie das? Nur zum Vergleich: Dänemark beginnt mit 15 000 Tonnen Einspeicherung, einer winzig kleinen Menge, und will 2025 auf vielleicht 1,5 Millionen Tonnen jährlich kommen. Das zeigt doch: CCS ist kein Ersatz für Klimaschutz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der AfD)

Leider müssen wir in der aktuellen Diskussion feststellen, dass einige noch nicht verstanden haben, was Dänemark verstanden hat: dass wir uns zuerst um die Klimawende kümmern müssen. Daher wären Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, in der CCS-Debatte sehr viel glaubwürdiger, wenn Sie einfach mal diesen Grundkonsens anerkennen würden. Wir sollten also von der Grundlage ausgehen, dass Klimaschutz das Wichtigste ist. Das BMWK hat ja einen hervorragenden Prozess angefangen. Es ist jetzt leider kein Vertreter mehr da. Ich weiß aber, dass das BMWK eine Carbon-Management-Strategie aufgesetzt hat, um mit allen gesellschaftlichen Akteuren in Ruhe darüber zu sprechen, welche Potenziale wir bei Abscheidung, Transport und Speicherung von CO2 haben.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?

Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Lassen Sie uns in Ruhe Zeit nehmen, um abzuwägen, was wir in diesem Bereich bis 2030 dringend brauchen, worin wir unsere Energie investieren müssen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Badum. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Thomas Gebhart, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)