Rede von Sascha Müller Kreditzweitmärkte

Sascha Müller MdB
09.11.2023

Sascha Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung weiterer finanzmarktrechtlicher Bestimmungen,

(Beifall des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])

ein zugegeben durchaus sperriger Titel, schaffen wir – ich würde sagen: endlich – ein zentrales Instrument, dem auf der EU-Ebene schon im Jahr 2018 die höchste Priorität eingeräumt wurde.

Es geht – das ist schon gesagt worden – um den Umgang mit sogenannten notleidenden Krediten, kurz: NPLs. Der Begriff ist zugegebenermaßen ein bisschen schief; denn natürlich kann ein Kredit nichts erleiden, sondern es ist der Schuldner oder die Schuldnerin, die in Not geraten ist. Dahinter stecken natürlich mitunter menschliche Schicksale. Ich fand es ein bisschen merkwürdig, Herr Gottschalk, dass Sie sich offensichtlich mehr um die Inkassounternehmen sorgen als um diese menschlichen Schicksale.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Aber richtig ist natürlich, dass wir uns die Stabilität des Finanzmarktes insgesamt anschauen müssen. Denn wir mussten in der Finanzkrise 2008 erfahren, wie ein Flächenbrand entstehen kann, der sich in der Realwirtschaft und damit auf viele Menschen negativ auswirkt.

Und da ist es eben so, dass die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, EBA, die NPLs noch als großes Stabilitätsrisiko sieht. Ebenso bekagt der entsprechende Sonderbericht der EZB einen zu langsamen Abbau der Bestände an NPLs.

Eines sollte uns, um das ganz klar zu sagen, wichtig sein: Es darf uns nicht um eine Aufweichung von bestehenden Regelungen für den Kreditzweitmarkt gehen, sondern es muss um eine Angleichung der teilweise sehr unterschiedlichen Regeln in den EU-Mitgliedstaaten auf ein insgesamt hohes Niveau gehen.

(Johannes Schraps [SPD]: Richtig!)

In manchen Ländern gibt es noch gar keine Regeln. In Deutschland haben wir dagegen schon eine sehr umfassende Regulatorik.

Durch standardisierte Datenblätter für NPLs schaffen wir nun EU-weit Transparenz. Nach der Zulassung durch die nationalen Aufsichtsbehörden dürfen Kreditdienstleister in Zukunft mit dem sogenannten EU-Pass länderübergreifend agieren.

Was ändert sich dadurch in Deutschland? Insbesondere der Kreditdienstleister, der im Wesentlichen in Beziehung zu dem Kreditnehmer steht, wird in Zukunft stärker reguliert. Unternehmen, die diese Leistungen anbieten, waren bisher nur mit Inkassoerlaubnis tätig. Diese Unternehmen müssen in Zukunft eine Lizenz bei der BaFin beantragen und werden auch von dieser beaufsichtigt. Dies erscheint uns aufgrund der Finanzmarktbeziehung insbesondere der teilweise großen institutionellen Käufer angebracht.

Aber auch aus Sicht des Verbraucherschutzes erscheinen uns die umfassenden Pflichten für Kreditdienstleister notwendig. Wir begrüßen, dass man bei der Umsetzung der Richtlinie die Möglichkeit genutzt hat, auch kleine und mittlere Unternehmen in die Schutzbedürftigkeit miteinzubeziehen.

Und – das möchte ich auch betonen –: Ein Abbau der zwischen den Ländern sehr unterschiedlich verteilten Bestände von notleidenden Krediten sorgt auch für mehr Akzeptanz der gemeinsamen europäischen Sicherungssysteme.

Grundsätzlich ist es wichtig, dass man für Kriseninstrumente den gesetzlichen Rahmen in der jetzigen Marktsituation und vor einer Krise schafft. Im ersten Schritt sollte unser Ziel allerdings sein, dass es nicht zu notleidenden Krediten kommt. Auch deswegen setzen wir uns dafür ein, dass wir die einkommensbezogenen makroprudenziellen Instrumente zeitnah umsetzen. Das Kreditzweitmarktförderungsgesetz bildet aus unserer Sicht eine notwendige Letztsicherung zu den anderen Instrumenten.

Abschließend kann man festhalten, dass die EU-Richtlinie mit dem Gesetz weitestgehend fachgerecht umgesetzt wurde. Dafür ein Dankeschön an die Bundesregierung! In den weiteren Beratungen werden wir insbesondere auf die Fragen des Verbraucherschutzes achten.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Nächster Redner ist der Kollege Johannes Schraps, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)