Rede von Erhard Grundl Kultur im ländlichen Raum

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29.01.2020

Erhard Grundl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kulturbegeisterte! „Nobody ’ s perfect“ – „Niemand ist vollkommen“ –, so heißt der letzte Satz in Billy Wilders Meisterwerk „Manche mögen ’ s heiß“. Der Burgtheaterverein Mitterfels aus dem vorderen Bayerischen Wald bringt jedes Jahr aufwendigste Produktionen auf die Bühne, so etwa vor zwei Jahren die Geschichte von Sugar Kowalczyk aus „Manche mögen ’ s heiß“. Der Theaterverein schafft das mit persönlichem Engagement der Beteiligten und – Sie werden es ahnen, meine Damen und Herren der Koalition – durch Crowdfunding; denn landauf, landab fehlen die Ideen für unbürokratische Förderungen. Auch in Ihrem Antrag sind sie leider nicht zu finden. Was uns hier vorgelegt wird, ist ein Schaufensterantrag, der vor Selbstlob strotzt und keinerlei neue Ideen und Konzepte aufzeigt,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

wie Sie die Kultur im ländlichen Raum strukturell wirklich besser aufstellen wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und SPD, Sie fordern selbst, die Fonds für Soziokultur, Musik, darstellende Künste etc. weiter auszubauen. Unseren Haushaltsantrag, der genau das wollte, haben Sie aber abgelehnt. Dabei sind es gerade die Projekte der Fonds, die im ländlichen Raum wirken, die kulturelle Vielfalt erzeugen und die für alle zugänglich sind. Sie setzen Ihre eigenen Ankündigungen nicht um. Aber Billy Wilder hätte wohl auch dazu gnädig gesagt: Nobody’s perfect.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Realität ist, dass Sie zukunftsorientierte Konzepte und Projekte immer wieder in den Ausschüssen blockieren, und das ist nicht hinnehmbar. Stattdessen klüngeln Ihre Haushälter untereinander Prestigeprojekte aus, bei denen selbst Ihre Kulturstaatsministerin die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Die „Freunde der italienischen Oper“ aus „ Some Like It Hot“ würden es so bezeichnen: Das Problem des ländlichen Raums ist es, dass er nicht im Wahlkreis von Johannes Kahrs liegt.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe natürlich nichts gegen Denkmalschutz oder die Modernisierung von Orgeln oder ein Fotoinstitut, ganz im Gegenteil. Wenn aber intransparente Haushaltspolitik dazu führt, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass notwendige Mittel fehlen, um die Kultur im ländlichen Raum strukturell zu unterstützen, dann ist das unverzeihlich. Denn wenn es passieren würde, dass die Spießgesellen hier rechts außen an den Hebeln des Klüngels sitzen, dann wäre es längst nicht mehr mit einem „Nobody’s perfect“ abgetan. Das sollten Sie bei Ihrer ganzen Kirchturmpolitik bedenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte „Agenda für Kultur und Zukunft“ keine bloße Überschrift bleibt.

(Marianne Schieder [SPD]: Nein! Niemals!)

– Es stehen auch richtige Impulse in Ihrem Antrag. Das will ich gar nicht verschweigen.

(Marianne Schieder [SPD]: Na, schau her!)

Dennoch müssen jetzt konkrete Taten folgen. Legen Sie uns ein Gesamtkonzept für Kulturstärkung im ländlichen Raum vor, das finanziell angemessen unterlegt ist, und wir unterstützen es. Billy Wilder hat trotz seiner bewegten Biografie zeitlebens ganz fest an das Positive glaubt. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen tut das auch.

(Michael Frieser [CDU/CSU]: Das ist doch schön!)

In diesem Sinne werden wir Ihren Antrag nicht ablehnen, sondern uns dazu enthalten, denn: Nobody’s perfect.

(Marianne Schieder [SPD]: Das ist aber sehr mutig!)

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Michael Frieser.

(Beifall bei der CDU/CSU)