Rede von Deborah Düring Länderbezogene Berichte im internationalen Steuerrecht
Deborah Düring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde sagen: Zum Glück hat diese Partei hier gar nichts auf den Weg zu bringen, sondern wir als Koalition. Deswegen kommen wir jetzt auch zur Sache zurück.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])
Der Titel des Gesetzentwurfs, über den wir heute diskutieren – der Kollege hat es schon angesprochen –, klingt vielleicht ein bisschen nach Reisebericht und auch ein bisschen trocken; aber er ist ein Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit. In der Theorie ist es ja so: Alle Unternehmen müssen ihre Gewinne versteuern, um einen Teil zur Finanzierung des Sozialstaats beizutragen.
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Nicht nur des Sozialstaats!)
In der Theorie ist das richtig und wichtig. In der Realität verschieben transnationale Konzerne ihre Gewinne aber in Steueroasen und schaffen es so, kaum Steuern zu zahlen. Amazon beispielsweise hat im Jahr 2020 – wir erinnern uns: das war das Jahr der Pandemie; viele von uns haben sehr viel online eingekauft – Umsatzerlöse in Höhe von 44 Milliarden Euro erwirtschaftet und fast keinen Cent davon in der EU versteuert. Gleichzeitig zahlen normale Unternehmen, wie beispielsweise die Bäckerei um die Ecke, knapp 30 Prozent Unternehmensteuern. Das ist eine Schieflage, und genau die gehen wir an.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörn König [AfD]: Steueroasen!)
Mit der sogenannten – jetzt hören Sie mal gut zu; Sie können hier einiges lernen –
(Jörn König [AfD]: Das glaube ich nicht!)
länderspezifischen Berichtspflicht bringen wir Licht ins Dunkel. Diese verpflichtet große Konzerne, ihre Umsätze, ihre Gewinne, die Zahl der Angestellten und die von den Unternehmen entrichteten Steuern pro Land zu melden. Wenn ein Unternehmen in einem Land also hohe Umsätze oder Gewinne verzeichnet, aber keine Steuern zahlt, ist dies ein Warnzeichen für Steuervermeidung und ‑hinterziehung, und darauf kann man dann reagieren. Wir können dadurch also Steuervermeidung und ‑hinterziehung einfacher enttarnen und somit mehr Steuergerechtigkeit schaffen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörn König [AfD]: Aber nicht, wenn der Konzern eine Firma auf den Bahamas hat! Das sind Steueroasen!)
– Abwarten, Sie können noch weiter lernen.
Mit dem Gesetz, das wir heute diskutieren, werden Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika länderspezifische Berichte automatisch miteinander teilen.
(Stephan Brandner [AfD]: Studieren Sie Sozialwissenschaften? Haben Sie Ihr Studium beendet?)
Das heißt, der Informationsaustausch wird am Schluss schneller und umfangreicher sein. Für uns Grüne ist dabei klar: Genau diese Informationen sollen auch der Öffentlichkeit zugänglich sein.
(Stephan Brandner [AfD]: Was machen denn die indigenen Gemeinschaften in Costa Rica? – Gegenruf des Abg. Tim Klüssendorf [SPD]: Komm, Brauner, Ruhe! – Michael Schrodi [SPD]: Immer ruhig, Brauner!)
Das schafft Transparenz und ermöglicht eine informierte Debatte. Genau deswegen freue ich mich, dass wir in den nächsten Monaten die EU-Richtlinie zur öffentlichen Berichtspflicht umsetzen werden,
(Stephan Brandner [AfD]: Die Steuerexpertin!)
sehr zum Ärgernis der Union wahrscheinlich; denn sie und ihr ehemaliger Minister Peter Altmaier haben das Verfahren auf EU-Ebene jahrelang blockiert. Zum Glück ist jetzt die Fortschrittskoalition am Werk. Wir werden genau das angehen; denn globale Gerechtigkeit bedeutet Steuergerechtigkeit.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Sozialwissenschaftliches Geschwätz war das! – Gegenruf des Abg. Michael Schrodi [SPD]: Jetzt lass mal dein Machogehabe da drüben!)