Foto von Jürgen Trittin MdB
20.04.2023

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einer Disziplin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, sind Sie wirklich klasse, nämlich sich mit großer Geste hinter einen abgefahrenen Zug zu werfen. Wochen nachdem der Bundeskanzler in Japan, in Indonesien, bei den ASEAN-Staaten war, nachdem Annalena einen erfolgreichen Besuch in China absolviert hat,

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Eine Katastrophe! Eine echte Katastrophe für Deutschland!)

präsentieren Sie jetzt ein neues Positionspapier der CDU/CSU zu China. Dazu will ich Ihnen gerne sagen: Darin steht viel Richtiges. Sie verabschieden sich nach 16 Jahren christdemokratischer Naivität von dem Grundsatz „Handel schafft Wandel“. Nur, was ich nicht verstehe: Warum meinen Sie, Ihre eigene Umkehr der Bundesregierung als Kritik vorhalten zu müssen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich finde, wer dem abgefahrenen Zug nachschaut, soll sich nicht über die Pünktlichkeit des Lokführers beschweren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Peter Beyer [CDU/CSU]: Guter Spruch! Den merke ich mir, den Spruch! Der gefällt mir, nur in anderem Zusammenhang!)

Das gilt im Übrigen auch für Lateinamerika. Die Bundeskanzlerin Merkel hat nach ihrem Amtsantritt drei Jahre gebraucht, um Lateinamerika zu besuchen.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Wann fährt eigentlich die Außenministerin da mal hin? Die glänzt durch Abwesenheit!)

Jetzt schauen wir mal an, was in den letzten anderthalb Jahren passiert ist: Da war der Bundespräsident in Lateinamerika, da war Olaf Scholz in Lateinamerika, da war Vizekanzler Robert Habeck in Lateinamerika, da war Christian Lindner in Lateinamerika, der Agrarminister, die Umweltministerin. Was merken Sie daran? Diese Koalition arbeitet daran, in einer multipolaren Welt gerade und insbesondere mit Lateinamerika stabile Beziehungen aufzubauen. Denn das ist die richtige Antwort auf das neue und offen erklärte Großmachtstreben von China.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es gilt, die europäische Souveränität und Resilienz zu stärken. Und es geht dabei auch darum, zu anderen Formen von Partnerschaften zu kommen, übrigens auch zu anderen Formen, als wir sie in der Vergangenheit praktiziert haben. Denn wer glaubt, dass eine bipolare Welt in unserem Interesse ist, dass sie überhaupt erfolgsträchtig ist, der muss sich mal anschauen, was zum Beispiel in den letzten Tagen mit der Neubesetzung der Chefposition im Bereich der Bank der BRICS-Staaten passiert ist.

Wenn wir mit China konkurrieren wollen, dann müssen wir darauf setzen, dass wir etwas anzubieten haben, was China nicht anzubieten hat. China sieht diese Länder ausschließlich als Rohstoffquellen und ihre Menschen als solche, die in seine Einflusssphäre gehören. Wir können Lateinamerika echte Partnerschaft anbieten. Und wenn man sich anschaut, was der Bundeskanzler in Chile mit der Partnerschaft zu Lithium und zu Wasserstoff auf den Weg gebracht hat, wenn man sich anschaut, wie wir mit der neuen Regierung in Brasilien darüber verhandeln, mit Mercosur zu einem Handelsabkommen zu kommen, das fair und nachhaltig ist, –

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– das es ermöglicht, zu nachhaltigen Wertschöpfungsketten auch und gerade in Lateinamerika zu kommen, dann sieht man: Wir haben Lateinamerika etwas anzubieten, nämlich echte Partnerschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)