Max Lucks MdB
20.04.2023

Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Danke schön, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Wer sich ein Bild davon machen möchte, wie stark das Interesse der unterschiedlichen Fraktionen an Lateinamerika und der Karibik ist, der kann mal in die Reihen dieses Plenums schauen. Ich sehe eine große Anwesenheit bei der Sozialdemokratie, ich sehe eine große Anwesenheit bei Bündnis 90/Die Grünen,

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Das muss ja nicht für Qualität sprechen!)

eine große Anwesenheit bei der FDP. Bei der Union, die den Antrag gestellt hat, sind die Reihen ziemlich leer.

(Zuruf des Abg. Jürgen Hardt [CDU/CSU] – Peter Beyer [CDU/CSU]: Es ist aber unser Antrag!)

So viel zu Ihrem Interesse an Lateinamerika und der Karibik!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Bei euch gibt’s Quantität, bei uns gibt’s Qualität! – Zuruf des Abg. Thomas Silberhorn [CDU/CSU])

Wir knüpfen, Herr Silberhorn, mit Sicherheit nicht an Ihre glorreiche Brasilien-Politik an. Sie hatten ja noch vor ein paar Jahren die Idee, Herrn Bolsonaro Atomkraftwerke an die Copacabana zu stellen. Diesen Weg wollen die Menschen in Brasilien nicht – deswegen haben sie Lula gewählt –, und diesen Weg wollen auch wir nicht, sondern wir wollen Partnerschaft auf Augenhöhe, gemeinsam für geteilte Werte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Peter Beyer [CDU/CSU]: Fragt mal, was die wollen!)

Lassen Sie mich bitte auf etwas eingehen, was wenig von der deutschen Öffentlichkeit begleitet wird, was aber doch, finde ich, in dieser Zeit sehr relevant ist. Beatriz, eine junge Mutter aus El Salvador, erhielt während ihrer Schwangerschaft eine Diagnose: Nur durch eine Abtreibung kann sie überleben. – Doch der Staat verweigerte das. In El Salvador galt und gilt absolutes Abtreibungsverbot ohne Ausnahme. Erst nach massivem internationalem Druck wurde ihr ein Kaiserschnitt gewährt. Von den körperlichen Strapazen konnte sie sich nie erholen; sie ist verstorben. Heute liegt der Fall von Beatriz beim Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und wird dort verhandelt. Ende April sind die Abschlussplädoyers.

Während die transnationale Rechte – von Opus Dei bis zu den Republikanern in den USA – versucht, ein Narrativ gegen körperliche Selbstbestimmung zu spinnen, hat sich eine starke Zivilgesellschaft organisiert, das Colectiva Feminista, das sagt: Gerechtigkeit für Beatriz und das Recht, zu entscheiden, für alle!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE] – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Kommen Sie langsam zum Thema! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Thema!)

Dieses Colectiva Feminista steht für eine Zivilgesellschaft, die unsere Werte teilt, die Menschenrechte.

China weiß natürlich um die Schwächen einiger Länder Lateinamerikas, und China ist bereit, diese Schwächen auch zu nutzen. Aber wir wissen doch um die Stärken der Länder Lateinamerikas, wir wissen um die Stärke der Zivilgesellschaften. Deshalb: Lassen Sie uns endlich diese Stärken nutzen, statt einfach nur China nachzuahmen! Der lateinamerikanische Kontinent verdient die Aufmerksamkeit unserer Außenpolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Er verdient unsere Aufmerksamkeit, unter Berücksichtigung seiner Komplexität, –

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– seiner Geschichte, seiner richtigen Forderung nach gleichberechtigter Teilhabe auf der internationalen Bühne. Aber er verdient unsere außenpolitische Aufmerksamkeit nicht in Form eines CDU/CSU-Antrags, der einfach nur ein Gastbeitrag in der Form einer Drucksache ist. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Jens Beeck [FDP] – Zuruf von der CDU/CSU: Bringt selbst mal was zustande!)