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04.03.2021

Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Motto der AfD: „Zurück ins Vorgestern!“ Was sollte man auch anderes von einer vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Partei erwarten? Die AfD schreibt „Lockdown aufheben“ darüber, will aber möglichst gleich noch sämtliche Maßnahmen für den Klimaschutz aufheben.

Dass die braune AfD eine Partei der Vergangenheit ist, das hat sie schon oft bewiesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit diesen Anträgen offenbart sie ihre rückwärtsgewandte und wissenschaftsfeindliche Einstellung einmal mehr.

(Martin Reichardt [AfD]: Das muss man sich von Neomarxisten nicht gefallen lassen!)

Egal ob Gender Studies, Epidemiologie oder Klimaforschung, wissenschaftliche Erkenntnisse und die Positionen der AfD gehen nicht zusammen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

„Zurück ins Vorgestern!“, das ist Ihr Motto. Dabei marschieren Sie im Stechschritt an der Wirklichkeit vorbei.

Ihr Antrag mit Vorschlägen zur Konjunkturbelebung liest sich wie eine Sammlung von Worst-of-AfD-Wirtschaftsideen, geprägt von Ihrem vorgestrigen Weltbild und in der heutigen Zeit kontraproduktiv. Nur ein Beispiel: Deutschland braucht dringend mehr Fachkräftezuwanderung. Dafür brauchen wir eine Willkommenskultur, um im globalen Wettbewerb um die bestausgebildeten Talente bestehen zu können. Ihre Vorschläge gehen in die genau entgegengesetzte Richtung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch dafür, mich an Ihren Widersprüchen und Ihrer Ahnungslosigkeit abzuarbeiten, ist mir, ehrlich gesagt, meine Redezeit zu schade.

(Timon Gremmels [SPD]: Ja!)

Konstruktive Vorschläge, um Probleme zu lösen, überlassen Sie sowieso uns allen anderen. Das ist schließlich nicht Ihre Stärke.

Dass sich die Klimakrise zuspitzt und das Klima sich durch den hohen CO-Ausstoß erhitzt, leugnet außer Ihnen und Ihresgleichen niemand mehr. Sogar die großen Wirtschafts- und Industrieverbände stellen sich auf den Klimaschutz ein und fordern entsprechende Rahmenbedingungen, damit Klimaschutz sich endlich besser rechnet. Damit sind die Unternehmen und Verbände inzwischen weiter als die Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Motto muss sein: „Aus der Krise lernen und sie nutzen, um umzusteuern.“ Es werden Milliardeninvestitionen notwendig sein, um aus der Coronakrise herauszukommen. Die können und müssen wir auch so nutzen, dass wir uns nachhaltig aufstellen. Das wäre klug. Hin zu mehr Klimaschutz, hin zu mehr Kreislaufwirtschaft und hin zu mehr Widerstandsfähigkeit gegen Krisen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist der Zeitgeist. Die EU und die USA machen es vor. Aber die schwarz-rote Koalition sendet über die letzten Jahre hinweg immer wieder widersprüchliche und falsche Signale.

(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])

Sie nimmt Klimaschutz, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft nicht ernst genug. Gerade in Bezug auf die Digitalisierung haben wir doch in dieser Krise schmerzlich gemerkt, wie sehr uns die fehlende Infrastruktur lähmt. Es ist eine Zukunftsfrage, ob wir nicht nur die Großstädte, sondern auch die Klein- und Mittelstädte und den ländlichen Raum anschließen und ihnen gute Entwicklungschancen bieten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu wenig Investitionen, ordnungspolitisch zu niedrige Leitplanken und in Brüssel zum Teil sogar der Einsatz gegen entsprechende Regelungen: So schaffen wir die Transformation hin zu ökologischem und krisensicherem Wirtschaften nicht. Da müssen wir dringend was ändern, und da brauchen wir klare Signale der Bundesregierung für Stabilität. Denn wir können es schaffen, aus dieser Krise langfristig stärker hervorzugehen.

Ich will mal ein Positivbeispiel nennen. Das EEG, von vielen heute sehr gescholten, hat sehr positive Impulse für die Entwicklung der erneuerbaren Energien gesetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Timon Gremmels [SPD]: Wer hat’s erfunden? – Gegenruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir!)

Recycling, Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz im Bau, im Bereich Mobilität: Wir haben hier unglaubliche Potenziale für die Wirtschaft, für die Gesellschaft, für den Klimaschutz. Dabei, Herr Altmaier, müssen wir immer auch insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen mit in den Blick nehmen; denn dort ist das Innovationspotenzial Deutschlands. Darauf müssen unsere Programme entsprechend ausgerichtet sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Coronapandemie hat deutlich gemacht: Unsere Widerstandsfähigkeit in Krisen ist zu gering. Wir müssen unsere Krisenresilienz in allen Bereichen erhöhen. In Bezug auf die Pandemie heißt das zum Beispiel: Wir brauchen langfristig den Aufbau einer Pandemiewirtschaft,

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Einer was? – Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])

in der schnell und zuverlässig Medikamente, Schutzkleidung und Tests produziert werden können. Diese Kapazitäten müssen wir in Europa vorhalten können; denn wir machen das alles nicht alleine, sondern in einem internationalen Kontext – etwas, was Sie nicht verstanden haben. Aber dafür brauchen diese Unternehmen Verbindlichkeit in Bezug auf Abnahme und Preis.

(Beifall des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Aber da ist mehr. Die Klimakrise wird uns immer wieder in solche Ausnahmesituationen bringen, und wir sind unzureichend darauf vorbereitet. Wir brauchen Lösungen, wenn zum Beispiel langanhaltende Trockenheit die Landwirtschaft oder eben durch Niedrigwasser auch Transportwege, notwendig für unsere Stahl- und chemische Industrie, gefährdet.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder Bemerkung aus der AfD-Fraktion?

Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Auf gar keinen Fall.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Um Resilienz zu fördern und Klimaneutralität zu erreichen, muss die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen aufgebrochen werden. Kreislaufwirtschaft, Recycling und Upcycling erfahren berechtigterweise neues Interesse. Hier brauchen wir eine bessere Vernetzung. Wir brauchen mehr regionale Wirtschaftskreisläufe, reduzierte Lieferwege und Transporte, um dauerhaft Arbeitsplätze, Wertschöpfung hier zu sichern und gleichzeitig die globale Klimakrise zu bekämpfen. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Krisenresilienz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Aufgabe ist komplex. Krisenpotenziale greifen ineinander. Genauso vernetzt müssen daher unsere Antworten darauf sein. Zur Bewältigung und für eine zukunftsfähige Gesellschaft brauchen wir die drei T: Technologie, Talent und Toleranz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für nichts davon

(Zuruf von der AfD: … stehen die Grünen!)

steht die AfD. Das haben Sie mit Ihren Anträgen mal wieder eindrucksvoll bewiesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Claudia Müller. – Schönen guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! – Ich hatte Ihnen noch keinen guten Morgen gewünscht.

Nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion: Dr. Andreas Lenz.

(Beifall bei der CDU/CSU)