Rede von Linda Heitmann Long COVID und Chronisches Erschöpfungssyndrom

Linda Heitmann
06.07.2023

Linda Heitmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Zuhörerinnen! Gerade jene, die jetzt, zu dieser späten Stunde, noch vor den Monitoren sitzen, möchte ich ganz besonders begrüßen; denn ich glaube, dass viele dabei sind, die von Long Covid und ME/CFS, worüber wir hier diskutieren, direkt betroffen sind.

Wir diskutieren jetzt zum vierten Mal in dieser Legislatur hier im Plenum über diese Krankheitsbilder. Ich möchte betonen: Wir sind uns dabei fraktionsübergreifend einig, dass wir vor allem drei Ziele verfolgen und die entsprechenden Maßnahmen wirklich voranbringen müssen:

Erstens müssen wir die Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene ausweiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Zweitens müssen wir die Forschung fördern und vorantreiben, und zwar die Forschung zu den Betroffenenzahlen und den Betroffenengruppen selbst, die Forschung an Medikamenten, die Forschung an wirksamen Therapien und, ja, auch die Forschung zu den Versorgungsstrukturen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Drittens braucht es eine größere Bekanntheit dieser Krankheitsbilder. Es braucht ein genaueres Verständnis in der Ärzteschaft und auch in der Gesellschaft von Long Covid und ME/CFS.

Speziell zu diesem letzten Punkt möchte ich Ihnen, liebe Betroffene, sagen: Seit 1969 ist ME/CFS als Krankheit bekannt und anerkannt, aber durch fehlende Bekanntheit gab und gibt es immer noch viele, viele Fehldiagnosen. Es ist bitter, dass wir davon ausgehen müssen, dass sich die Zahl der Betroffenen in Deutschland seit Corona in etwa verdoppelt hat. Aber das hat auch zu einer sehr viel höheren Bekanntheit dieser Krankheit geführt.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Unionsfraktion, von Nadine Schön?

Linda Heitmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein, danke, gerade nicht.

(Beifall der Abg. Maja Wallstein [SPD] – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Das ist aber nicht souverän!)

Wir als Parlament unterstützen das Bekannterwerden auch mit unseren Debatten und mit unseren Pressestatements. Aber ich muss Ihnen, liebe Betroffene, sagen: Vor allem ist es auch Ihr Verdienst, dass in den letzten anderthalb Jahren hier wirklich viel Aufklärung geleistet wurde, was zu mehr Verständnis beigetragen hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Ulrike Bahr [SPD])

Wir wissen: Die Verbesserung der Versorgung ist dringend nötig; das hatte ich schon gesagt. Einige wichtige Schritte haben wir hier auch schon vollzogen. Wir haben den G-BA verpflichtet, Versorgungsstrukturen zu schaffen, und wir müssen das begleiten. Wir müssen an allen Universitätskliniken Kapazitäten schaffen und das Know-how bündeln, und wir müssen gezielt gucken, wo Lücken sind. Deshalb werden wir uns im parlamentarischen Verfahren der Haushaltsberatungen auch dafür starkmachen, dass Mittel aus dem Haushalt auch in die Versorgungsforschung fließen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich möchte aber auch, dass wir nicht kleinreden, was in der Forschung schon passiert: In den letzten zwei Jahren haben wir hier als Staat allein 33 Millionen Euro investiert und über 70 staatlich geförderte Forschungsvorhaben auf den Weg gebracht. Uns als Ampel ist es ganz besonders wichtig, dass wir vor allem auch die Nationale Klinische Studiengruppe rund um Frau Professor Scheibenbogen sichern und weiter unterstützen. Denn hier entsteht ein Forschungsnetzwerk, wie wir es im Koalitionsvertrag als Ziel verankert haben, und daran müssen wir arbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Lars Lindemann [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anträge von der Union, die hier heute zur Abstimmung stehen, sind aus unserer Sicht nicht erfolgversprechend, wenn es darum geht, die von mir beschriebenen Ziele zu erreichen. Dass wir als Parlament aber wirklich konstruktiv und fraktionsübergreifend etwas bewegen können – es wurde schon gesagt –, hat sich gezeigt, als wir gestern die Petition von Daniel Loy geschlossen an die Regierung überwiesen haben. Das war ein großer Schritt für die Betroffenen und ein starker Auftrag von uns an die Bundesregierung, dieses Thema spürbar voranzutreiben.

Vielen Dank, und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit bei diesen Themen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Für eine Kurzintervention erhält das Wort Nadine Schön.