Rede von Markus Kurth Altersarmut

14.02.2019

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Menschen, die den größten Teil ihres Lebens gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben“, sollen im Alter mehr haben als die Grundsicherung. Das steht im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen und stand in den Vorjahren in Beschlüssen. Es steht tatsächlich fast genau so im Koalitionsvertrag der Großen Koalition – man staune! Wir hatten es auch in die Sondierungspapiere für Jamaika reingeschrieben. Jetzt plötzlich steht hier mein Kollege Ralf Kapschack und verkündet es als Kernbotschaft bei der Grundrente. Zumindest in dieser Hinsicht der Werte- und Zielausrichtung sieht man: Grün wirkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Oh!)

– Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, da kommen Sie jetzt natürlich ins Raunen. Ich weiß, dass sich ein Mitglied Ihres Kabinetts mit Plagiatsvorwürfen plagt. Aber in der Politik gibt es kein Copyright. Da dürfen Sie ruhig abschreiben und Ideen von uns übernehmen.

Sogar FDP und AfD können sich zumindest dem Sog dieser Botschaft nicht entziehen. Sonst hätten wir die Anträge nicht. Allerdings hätten Sie es besser so wie die SPD gemacht, wenngleich sie auch nicht 100 Prozent unseres Garantierentenkonzepts übernommen hat. Sie hätten aber ruhig etwas bei uns abschreiben sollen. Dann wären Ihre Anträge besser als das, was Sie hier vorlegen.

Ihre Anträge sind letzten Endes Täuschkörper und Mogelpackungen; denn im Kern bleiben Sie der Grundsicherungslogik verhaftet,

(Jana Schimke [CDU/CSU]: Das ist auch gut so!)

wenn auch auf etwas unterschiedliche Art und Weise. Es sind keine Lösungen im Rahmen des Versicherungssystems; aber darauf käme es an.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Das ist im Übrigen, Matthias Birkwald, der Vorteil der Garantierente gegenüber der Mindestsicherung der Linken, die wiederum Vermögensprüfungen und dergleichen vorsieht.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber 1 050 Euro bringt und nicht so wenig wie bei euch!)

Eine vernünftige, niedrigschwellige Garantierente, von der gerade Frauen profitieren, die – wie beschrieben – ihr ganzes Leben in verschiedenen Feldern gearbeitet haben, ist wesentlich besser innerhalb des Versicherungssystems anzulegen und umzusetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der von der AfD vorgeschlagene Freibetrag birgt eine große Gefahr für das Versicherungssystem. Frau Schielke-­ Ziesing hat es direkt gesagt: Bei Hartz IV könne man ja auch was behalten. – So würden Sie eine Kombirente und damit das Pendant zum Kombilohn schaffen. Wenn man in der Grundsicherung einen Freibetrag einführen würde, würde dies dazu führen, dass das Rentenniveau sehr stark unter Druck gerät und dass plötzlich das Versicherungssystem nur noch ein Anhängsel des Grundsicherungssystems ist. Das würde die Grundfesten der gesetzlichen Rentenversicherung untergraben. – Diese systematischen Überlegungen zum Sozialrecht haben Sie offensichtlich gar nicht erst angestellt, und das ist sehr schade.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Stimmt, aber mit 59,20 Euro netto bei den Grünen ist es auch nicht weit mehr!)

Es ist so, dass die Garantierente, wie wir sie vorschlagen, etwas besser ist als das, was jetzt bei der SPD im Gespräch ist, weil die Anspruchsvoraussetzung bei uns nur 30 Versicherungsjahre sind. Dadurch können wir insbesondere weibliche Bevölkerungsgruppen, die stark von Altersarmut betroffen sind, dort wesentlich besser mit hineinnehmen.

Wir schlagen ebenfalls vor, dass man die Anreize für Betriebsrenten und private Vorsorge erhält. Das heißt, Riester-Renten und Betriebsrenten werden nicht angerechnet.

Zielgenauigkeit können wir sehr gut durch eine Teilung der Rentenansprüche im Rahmen eines Rentensplittings erreichen, unabhängig davon, wie sich Ehepaare Erwerbs- und Sorgearbeit aufteilen. Beide Ehepartner erhalten eigenständige Ansprüche, was zur Folge hat, dass die Garantierente zielgenau und bedarfsgerecht wirken kann.

Wir werden diese Punkte in die Debatte einbringen und hoffen, dass wir einen guten Ansatz in den parlamentarischen Beratungen noch sehr viel besser machen können, damit Grün dann auch in der Praxis wirklich wirkt.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)