Rede von Dr. Janosch Dahmen Medizinische Assistenz
Dr. Janosch Dahmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor gut zwei Monaten haben wir hier im Plenarsaal zuletzt über den vorliegenden Gesetzentwurf und damit auch über die Reform des Notfallsanitätergesetzes gesprochen. Vieles im Entwurf der Bundesregierung war damals gut gemeint, aber schlecht gemacht. Bisher – zurückgeblickt – gab es hier eine schwierige rechtliche Grauzone und viel Unsicherheit. Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen mussten sich im Zweifel auf eine rechtliche Regelung im Strafgesetzbuch berufen, um Menschen in Lebensgefahr richtig helfen zu können: Ein unhaltbarer Zustand – das hat uns geeint –, der dringend behoben werden musste und der mit der überarbeiteten Fassung endlich abgestellt wird.
Ich darf deshalb zunächst einmal Danke sagen in Richtung der Kolleginnen und Kollegen, ganz besonders in Richtung der Berichterstatter und Berichterstatterinnen der Regierungsfraktionen, Emmi Zeulner und Dirk Heidenblut, die sich für diesen Punkt auf Regierungsseite sehr stark gemacht haben,
(Beifall des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
aber auch ein offenes Ohr für die Opposition hatten, für meine Kollegin Kirsten Kappert-Gonther, die das Thema schon lange betreut, und auch für die Kollegen der Linksfraktion, die sich ebenso mit viel Fachverstand und konstruktiver Kritik eingebracht haben und über Experten aus der Praxis in der Anhörung deutlich gemacht haben, dass hier dringend Nachbesserungsbedarf bestand.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ziel sind wir noch nicht. Was wir tun müssen, ist doch, den Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern mehr Handlungsspielräume zum Wohle der Patienten und Patientinnen einzuräumen. Da bestehen auch im aktuellen Entwurf weiterhin Lücken. So bleibt beispielsweise Notfallsanitätern und Notfallsanitäterinnen im Rettungseinsatz ohne eine Ärztin oder einen Arzt weiterhin nicht erlaubt, Opiate als Schmerzmittel an eine Patientin oder einen Patienten zu verabreichen.
Stellen Sie sich also einmal ganz konkret folgende Situation vor: Sie haben einen Notfall. Aufgrund plötzlicher Nierensteine, einer Nierenkolik, haben Sie wahnsinnig starke, krampfartige Schmerzen, sind verzweifelt und in Panik. Neben Ihnen steht eine Notfallsanitäterin, die Ihnen in dieser Situation diese akuten, starken Schmerzen mit einem Opiat nehmen könnte, denn sie hat das gelernt, sie hat also die Befähigung dazu, aber sie darf das nicht tun, weil das Gesetz – auch nach der vorliegenden Reform – dies nicht erlaubt. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, versteht doch kein Mensch. Das ist unnötiges Leid, das man verhindern kann, wenn man hier endlich konsequent realitätsnahe Regelungen treffen würde.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Was bleibt also trotz dieses guten Entwurfes noch zu tun? Ich kann vorwegnehmen: Wir werden diesem zustimmen.
Erstens. Der Bund muss das Betäubungsmittelgesetz ändern,
(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
damit auch Opiate generaldelegiert und somit auch von Notfallsanitätern und Notfallsanitäterinnen im Einsatz rechtssicher angewandt werden können.
Zweitens. Der Bund muss das Heilpraktikergesetz ändern, damit auch außerhalb der akuten Lebensgefahr Gesundheitsfachberufe in der Patientenversorgung bzw. Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen im Einsatz eine spezifische, klar umgrenzte Heilkundebefugnis haben.
Drittens – ich komme zum Schluss-: Die Länder müssen dringend wirkungsvolle SOPs, medizinische Handlungsanweisungen, erlassen, die im Alltag eingesetzt werden können.
(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dieser Dreiklang bleibt notwendig.
Ich danke trotzdem allen für die guten Beratungen. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Dr. Janosch Dahmen. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Roy Kühne.
(Beifall bei der CDU/CSU)