Rede von Dieter Janecek Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel

23.06.2022

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Dr. Tebroke, ich fand Ihren Beitrag wohltuend differenziert. Dann habe ich aber nachgeschaut und gesehen, dass Sie aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion kommen. Wir hatten ja heute früh schon eine Diskussion zum Thema „Bekämpfung der Inflation“. Dort hatte ich ganz andere Töne gehört, nämlich dass wir einen umfangreichen Nachfragestimulus brauchen würden, um die Inflation zu bekämpfen; da wurde weniger der Angebotsschock, den es ja gibt, betont. Ich gratuliere Ihnen zu Ihren Aussagen und wünsche Ihrer Fraktion ein bisschen mehr von Ihrer Expertise.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Die Grünen sind doch immer für Vielfalt!)

– Ja, die Vielfalt bilden Sie ab, Herr Güntzler; das mag schon sein. Aber Sie müssen sich auch mal entscheiden, was Sie wollen. Sie können ja nicht einfach sagen, Sie bekämpften die Inflation, indem Sie breiten Schichten der Gesellschaft jetzt mehr Kaufkraft geben. Denn wenn Sie ein bisschen in ökonomischer Theorie unterwegs sind, wissen Sie, dass das die Inflation anreizt. Also müssen wir zielgerichtet entlasten.

Insofern ist der Vorschlag der Linken, in einem bestimmten Bereich Entlastungen vorzunehmen, natürlich ein ernstzunehmender Vorschlag. Trotzdem glaube ich, gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus den Mehrwertsteuerdebatten in den letzten Jahren, dass wir eine umfassende Ordnung brauchen und wir nicht in einzelnen Bereichen Entlastungen herbeiführen sollten.

Dass der Vorschlag der Linken natürlich auch gesundheitliche, ernährungspolitische Implikationen hat, das will ich gar nicht kleinreden. Auch in unserer Fraktion wird intensiv darüber diskutiert. Sie haben da einen Punkt getroffen, der auch uns sehr bewegt. Aber ehe wir ein Entlastungspaket beschließen, müssen wir doch fragen: Wodurch wird eigentlich die Inflation getrieben? Kollegin Beck hat es vorhin schon gesagt – in der „Zeit“ gab es eine gute Übersicht dazu –: Die 8 Prozent Inflation ergeben sich zum Großteil aus Preissteigerungen bei Energie, Kraftstoff und Wohnen, und diese Preissteigerungen werden bei den Lebensmitteln, im Kultur- und Gastronomiebereich weitergegeben.

Was kann man in einer solchen Situation tun? Den Angebotsschock kann man ja nicht kurzfristig ausgleichen. Ein Stück weit macht das die EZB zwar, indem sie sagt, sie dämpfte die Wirkungen, aber letztlich kann der Angebotsschock nur ausgeglichen werden, indem es wieder mehr Angebot gibt. Das ist nichts, was wir kurzfristig leisten können; da müssen wir ehrlich sein. Also müssen wir dort entlasten, wo es sinnvoll ist. Das haben wir, glaube ich, mit den ersten 30 Milliarden Euro, die wir auf den Weg gebracht haben, gut getan.

Wir müssen immer auch im Blick behalten, dass die Maßnahmen dazu beitragen müssen, die Inflation zu bekämpfen und nicht auszuweiten. Das ist, glaube ich, eine Diskussion, die ganz wichtig und schwierig ist. Denn am Ende bringt es uns ja nichts, wenn wir eine Nachfrageexplosion in bestimmten Bereichen haben und dann steigende Preise.

(Beifall des Abg. Dr. Hermann-Josef Tebroke [CDU/CSU])

Abschließend möchte ich sagen: Ich freue mich, dass wir alle gemeinsam um den richtigen Weg ringen. Es ist auch absolut notwendig, dass wir das tun. Heute ist der Tag, an dem die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen wurde. Das bedeutet, dass eine weitere Verschlechterung der Situation eingetreten ist. Wir werden sicherlich nicht das letzte Mal darüber sprechen, sondern auch im Winter noch mal genau gucken müssen: Wo können wir entlasten? Gerade der Themenbereich „Gas- und Heizungskosten“ ruft bei vielen Besorgnis hervor; das kann ich nachvollziehen. Wir sind nicht am Ende der Diskussion, aber es ist notwendig, dass wir uns differenziert und zielgerichtet damit auseinandersetzen.

Vielen Dank Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ingo Bodtke ist der nächste Redner für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)