Rede von Christian Kühn Mieten
Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht zurück zum Thema: den Ursachen dieser Wohnungskrise in Deutschland. Am 15. September 2008 ist durch die Pleite der Lehman-Brothers-Bank eine Kettenreaktion ausgelöst worden, die dazu führte, dass die Immobilienpreise in Deutschland in nie dagewesene Höhen geklettert sind. Durch die Niedrigzinsphase floss das freiwerdende internationale Kapital in die Immobilienmärkte in Deutschland. Wir sprechen heute von Betongold; das ist der Sprech bei den Anlegern. Diesem Finanzmarktdruck muss etwas entgegengesetzt werden; sonst kriegen wir die Wohnungsfrage nicht in den Griff.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Im Kern geht es doch darum: Ist eine Wohnung ein Anlageobjekt, ein Renditeobjekt, oder ist es das Zuhause von einem Menschen? Das ist doch die Frage.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Daniel Föst [FDP]: Beides!)
– Sie sagen zu Recht: Es ist beides. – Dann müssen wir aber auch so vorgehen, dass es für beides ist. Da müssen wir die Regeln auch in der sozialen Marktwirtschaft so aufstellen, dass es für beides ist. Denn das Grundrecht auf Wohnen in dieser Gesellschaft ist bei diesen exorbitanten Mietsteigerungen massiv gefährdet.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen die Finanzmärkte hier in den Griff kriegen. Und das werden wir, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP und der CDU/CSU, nicht nur durch Bauen, Bauen, Bauen hinbekommen, weil die Finanzmärkte dann einfach noch mehr Geld in den Neubau schieben. Aber es geht doch um den Bestand, und der muss reguliert werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der FDP)
Und wenn Sie nur bauen wollen und nicht regulieren, dann werden Sie die soziale Frage nicht lösen. Das ist Ihre Lebenslüge.
(Frank Sitta [FDP]: Quatsch!)
Deswegen braucht es einen Bundesmietenstopp im Mietrecht,
(Daniel Föst [FDP]: Unsinn!)
damit die Wohnungsmärkte, auf denen die Preise völlig aus dem Ruder gelaufen sind, reguliert werden und das Recht auf Wohnen erneuert werden kann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Frank Sitta [FDP]: So ein Unsinn!)
Jetzt nenne ich Ihnen von der FDP eine Zahl, weil Sie ja hier die ganze Zeit dazwischenrufen: Der Anteil der Menschen in Deutschland, die mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete zahlen, liegt bei 14,2 Prozent. So viele Menschen in Deutschland sind das. Jeder Siebte zahlt mehr als 40 Prozent seines Einkommens fürs Wohnen.
(Zuruf des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])
Damit belegt Deutschland bei der Wohnkostenüberlastung einen der Spitzenplätze in Europa. Der Durchschnitt in Europa liegt bei 9,6 Prozent. Das zeigt doch: Wir haben ein massives Problem mit der Wohnkostenüberlastung in diesem Land.
(Daniel Föst [FDP]: Schließen Sie die Armutslücke!)
Das hat damit zu tun, dass vor allem in den letzten 16 Jahren eine falsche Wohnungspolitik in diesem Land gemacht worden ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zurufe von der FDP)
Dass Sie über das Urteil aus Karlsruhe jubeln und feixen, ist ein Problem. Herr Luczak, Sie sagen, man solle mit diesem Thema keinen Wahlkampf machen. Dazu sage ich Ihnen eines: Laden Sie uns alle doch einfach mal ein. Dann setzen wir uns an einen Tisch und lösen in den letzten vier Sitzungswochen dieses Bundestags, in denen wir noch tagen werden, dieses Problem. Wir sind jederzeit bereit, mit Ihnen auch überfraktionell über diese Frage zu sprechen.
Aber wenn Sie das nicht machen, dann ist das natürlich ein Thema in diesem Wahlkampf. Denn es geht die Menschen in diesem Land an, wie viel Geld am Ende des Monats in ihren Geldbeuteln ist und wie viel für die Miete draufgeht.
(Zuruf des Abg. Daniel Föst [FDP])
Wir werden es thematisieren, und wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen,
(Zuruf der Abg. Katharina Willkomm [FDP])
dass Sie in den letzten Jahren beim Mietrecht alles blockiert haben und viel zu wenig dafür getan haben, dass das Grundrecht auf Wohnen in diesem Land Bestand haben kann.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:
Der nächste Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist der Abgeordnete Dr. Volker Ullrich.
(Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der löst jetzt das Mietenproblem! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt der bayerische Mietendeckel!)