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16.04.2021

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich hätte mir – das will ich in Richtung Unionsfraktion sagen – gestern mehr Demut nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewünscht. Gestern ist ja nicht entschieden worden, dass der Mietendeckel in Berlin inhaltlich nicht verfassungsgemäß ist;

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

es ging um seine Form. Das muss man an diesem Tag und in diesem Parlament schon noch mal festhalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Er ist in seiner Form nicht verfassungsgemäß, weil dem Land Berlin einfach nicht die Kompetenz zusteht, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Deswegen liegt der Spielball bei der Frage, wie wir in Zukunft mit den Mieten und der sozialen Krise in unseren Städten angesichts der gestiegenen Mieten umgehen, ganz klar hier, im Deutschen Bundestag. Wir müssen das Problem der steigenden Mieten in diesem Parlament lösen. Das ist unsere Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Bundesverfassungsgericht war da gestern ganz klar: Der Gesetzgeber ist frei, hier sozialpolitische Erwägungen anzustellen. Jetzt stellen wir hier unterschiedliche Erwägungen an, bzw. Sie von der Union haben in den letzten Jahren gezeigt, dass Sie hier keine sozialpolitischen Erwägungen anstellen, sondern der Lobby hinterherrennen und ein vernünftiges Mietrecht blockieren. Und Sie blockieren eben auch heute wieder, bei der Mietspiegelreform, weitreichende Maßnahmen. So ist es doch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Timon Gremmels [SPD] und Caren Lay [DIE LINKE])

Wir sprechen heute über die ortsübliche Vergleichsmiete. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist nicht trivial; denn sie ist der Fixpunkt, von dem aus Mieterhöhungen in Deutschland möglich sind. Deswegen ist die Reform, die Sie heute hier vorlegen, ganz klar viel zu wenig, um den Anstieg der Mieten in den Städten zu bremsen. Das ist eine vertane Chance für die Mieterinnen und Mieter, für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das möchte ich anhand von drei Punkten ausführen:

Erster Punkt. Der Betrachtungszeitraum beim Mietspiegel ist nach wie vor einfach zu gering. Die Ausweitung von vier auf sechs Jahre reicht doch nicht aus. Man kann sagen, dass die Mietspiegel heute Neuvertragsmietspiegel sind; aber sie sind eben keine Mietspiegel, weil sie die Mieten nicht in der Breite abbilden. Hier braucht es eine Reform; das ist doch vollkommen klar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Zweitens, die Mieterhöhungsmöglichkeiten. Vom Referentenentwurf zum Kabinettsentwurf hat sich das ja dramatisch geändert; denn die Regelung mit den drei Vergleichsmieten ist wieder aufgenommen worden. Damit schaffen Sie ein Schlupfloch bei den Mietspiegeln und untergraben die wissenschaftlichen Mietspiegel noch mal. Das verstehen wir nicht. Hier hätten wir uns mehr Mut gewünscht, das Instrument aus dem Referentenentwurf in den Kabinettsentwurf zu retten. Ich hoffe, dass wir das im parlamentarischen Verfahren noch anders gestalten können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Es hätte die Chance gegeben – für die SPD, aber auch für die gesamte Große Koalition –, eine Lehre aus dem gestrigen Tag zu ziehen und die Kappungsgrenzen in Deutschland noch mal deutlich abzusenken. Denn das ist doch genau das Instrument, das in den Gebieten, in denen Wohnraummangel herrscht, wirken soll, um den Anstieg der Bestandsmieten zu bremsen. Hier fehlt Ihnen die Kraft.

Ich kann nur sagen: Wir Grüne werden dieses Thema in diesem Jahr aufgreifen und zu einer wichtigen Frage im Bundestagswahlkampf machen. Denn eines ist klar: Der Mietenwahnsinn in unseren Städten muss gestoppt werden; sonst ist unser Zusammenhalt bedroht.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Mechthild Rawert das Wort.

(Beifall bei der SPD)