Rede von Merle Spellerberg Militärisches Engagement in der Sahel-Zone
Merle Spellerberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele von uns hier haben am Dienstag wie jedes Jahr vor Weihnachten auf den gelben Bändern des BundeswehrVerbandes wieder unsere Verbundenheit mit den Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz niedergeschrieben. Diese Bänder sind jetzt wieder auf dem Weg, unter anderem in den Norden Malis, in das Camp Castor in Gao. Ich bin dem BundeswehrVerband sehr dankbar, dass wir so auch abseits dieser Reden im Plenum und unserer Gespräche mit der Truppe vor Ort die Gelegenheit haben, diese Verbundenheit und unseren höchsten Respekt vor dem Einsatz zum Ausdruck bringen zu können.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Denn gerade auch Mali – das wissen wir hier alle – ist die gefährlichste Mission, in der die Bundeswehr derzeit aktiv ist. Das dürfen wir niemals vergessen. Deswegen würde ich eigentlich auch gerne sagen, dass ich froh bin, an dieser Stelle wieder darüber sprechen zu können. Ich hatte allerdings tatsächlich ein bisschen Schwierigkeiten, den Zeitpunkt nachzuvollziehen. Der Kollege Karamba Diaby ist darauf schon eingegangen. Die UN-Mission wird evaluiert. Sinnvoll wäre es, dann noch einmal darüber zu sprechen.
Die Militärregierung ist für uns ein mindestens unbequemer Partner. In der Zusammenarbeit – das ist kein Geheimnis – haben wir in den letzten Monaten immer wieder mit Problemen und Behinderungen umgehen müssen: mangelnde Überfluggenehmigungen, Verhinderung von Rotation. Das lag in Teilen aber eben auch an der Umstellung der Verfahren auf UN-Ebene und daraus resultierenden Verzögerungen, nicht ausschließlich an mangelndem Goodwill der Transitionsregierung. Dass Mali etwa die Hoheit über seinen eigenen Luftraum haben will, ist erst einmal nachzuvollziehen, gerade auch mit Blick auf die koloniale Vergangenheit. Doch was nicht im Sinne der malischen Regierung sein kann, ist, die Arbeit der Mission so zu erschweren, wie es eben in Teilen passiert ist. Deswegen ist es unfassbar wichtig, dass wir Schritt für Schritt wieder daran arbeiten, die Zusammenarbeit zu verbessern.
(Karsten Hilse [AfD]: Sie sind Aggressoren, nichts anderes!)
Wir brauchen eben abseits dessen eine bessere Aufstellung des Mandates. Wir brauchen auch selber eine bessere Aufstellung im MINUSMA-Hauptquartier und – auch das wurde schon angesprochen – die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es ist unfassbar wichtig und gut, dass auf UN-Ebene MINUSMA evaluiert wird. Wenn das passiert ist, müssen auch wir daraus unsere Schlüsse ziehen und uns anpassen. Die UN braucht es als Stabilitätsanker in der Region. Denn wer, wenn nicht die Afrikanische Union und die Vereinten Nationen kann diese Rolle hier verantwortungsbewusst übernehmen? Russland wohl kaum.
Eine Sahelstrategie, wie Sie sie fordern, braucht es definitiv. Da gibt es unsererseits gar keine Differenzen. Deswegen arbeitet das Auswärtige Amt kontinuierlich auch daran.
Das 2015 verabschiedete Friedensabkommen von Algier hat durchaus einige Erfolge vorzuweisen und Sicherheit und Stabilität in Teilen hervorgebracht. Trotzdem bleibt die Gesamtlage herausfordernd. Anschläge durch Terrorgruppen sind gerade im Norden Malis leider Alltag. Zu oft müssen Menschenleben beklagt werden. Die wirtschaftlichen Probleme sind tiefgehend und die staatlichen Strukturen höchst instabil. Aber gerade in Gao gibt es bekanntermaßen wenige Anschläge. Dort herrscht mehr Sicherheit. Dazu tragen unsere Truppen durch ihre Präsenz bei.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Was wir am Anfang des Jahres bei der Reise der Außenministerin immer wieder gehört haben: Vertrauen in den Staat kommt nicht einfach nur durch Wahlen. Ja, Wahlen sind wichtig. Aber wenn weder deine Sicherheit geschweige denn deine Freiheit und das Recht auf Entfaltung gewährleistet sind, dann liegen die Prioritäten häufig erst mal woanders. Was sowohl Soldatinnen und Soldaten als auch die Menschen vor Ort immer wieder gesagt haben: Im Norden ist Bamako ziemlich weit weg. – Deswegen ist es wichtig, dass wir dort sind, dass wir unterstützen.
Um Stabilität im Sahel zu erreichen, braucht es die Gewährleistung von menschlicher Sicherheit auf ganz vielen verschiedenen Ebenen. Dazu trägt MINUSMA als Gesamtansatz der UN bei, und Deutschland trägt zu MINUSMA bei.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Die Debatte über die Weiterführung und Strategie ist eine, die wir im globalen Kontext führen müssen. Das betrifft sowohl die Ausstattung als auch die Ausrichtung für eine dauerhafte Stabilität in der Sahelzone zusammen mit den beitragenden Staaten in den Vereinten Nationen. Wenn wir jetzt überstürzt die Zelte abbrechen und unsere Partner/-innen zurücklassen, dann verlieren wir zum einen das Ansehen unserer internationalen Partner/-innen, zum anderen das Vertrauen der Menschen in Mali, und vor allem hinterlassen wir zusätzlich ein Vakuum, das Russland nur zu gerne füllen würde. Auch das kann nicht im Interesse unserer Sicherheitspolitik sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich würde an dieser Stelle in meiner verbleibenden Zeit gerne wirklich noch auf konkrete Vorschläge und Ideen in Ihrem Antrag eingehen, aber es sind einfach nicht so viele zu finden.
(Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie ihn mal gelesen? – Gegenruf des Abg. Dr. Karamba Diaby [SPD]: Doch! Wir haben alles gelesen! Natürlich lesen wir das!)
– Ja, wir haben ihn gelesen. – Falls Sie doch noch Ideen haben, dann würde ich mich tatsächlich freuen, diese gemeinsam im Ausschuss zu diskutieren; denn zum Beispiel die russischen Desinformationskampagnen, die Sie angesprochen haben, sind ein Problem. Wenn Sie da also doch noch Ideen haben, dann freue ich mich, darüber in den Austausch zu kommen.
Am Ende steht für uns fest: Das Mandat MINUSMA ist für uns kein Selbstzweck und darf es niemals sein. Wir unterstützen Mali wertegeleitet, für Sicherheit, für Stabilität, den Schutz von Menschenrechten und Menschenleben. Wir unterstützen die Menschen in Mali.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Für Die Linke spricht Andrej Hunko.
(Beifall bei der LINKEN)