Dr. Sandra Detzer MdB
09.11.2023

Dr. Sandra Detzer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer/-innen! Der Mindestlohn ist essenzieller Bestandteil des Ordnungsrahmens unserer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft, und das ist gut so. Seit der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro durch die Ampelkoalition haben 6 Millionen Menschen in diesem Land mehr Geld erhalten. Das kommt vor allen Dingen den 3 Millionen Frauen in geringfügiger Beschäftigten zugute. Der Anteil der Niedriglöhner/-innen sank auf 15 Prozent. Da hat der Mindestlohn ganz klar seine wichtigsten Ziele erreicht, nämlich eine Untergrenze einzuführen für eine würdige Entlohnung und den Schutz der Arbeitnehmer/-innen vor Lohndumping.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit 18 Monaten haben wir in diesem Land eine andere Situation, und die ist bedingt durch die hohe Inflation. Die hohe Inflation ist ganz klar verursacht durch den massiven Preisanstieg bei den fossilen Energien und durch den Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine. Das ist neu; denn jetzt sind besonders Menschen mit kleinem Einkommen betroffen. Da wäre ein armutsfester Mindestlohn, der sich an 60 Prozent des Medians orientieren würde, genau das richtige Mittel. Er würde genau diesen Menschen mit kleinen Einkommen helfen, ihre täglichen Ausgaben zu stemmen. Genau deswegen ist das Ergebnis der Mindestlohnkommission so enttäuschend, und genau deswegen braucht es eine Reform der Mindestlohnkommission: um die erfolgreiche Arbeit der Sozialpartner/-innen zu stärken und um die Legitimation dieser Kommission wieder zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Ich rede in dieser Debatte ganz bewusst als wirtschaftspolitische Sprecherin, weil die Debatte um einen angemessenen Mindestlohn wie selten zuvor auch eine Debatte ist, die die wirtschaftliche Stabilität dieses Landes betrifft. Wir brauchen einen angemessenen Mindestlohn, um die Binnenkonjunktur zu stabilisieren. Die Wirtschaft ist momentan durch die Talsohle hindurch. Wir dürfen nächstes Jahr wieder auf wirtschaftlichen Aufschwung hoffen. Wir haben diese Woche erst die Gutachten bekommen, die ganz genau sagen: Die Nachfrage im Binnenbereich, die Nachfrage der Arbeitnehmer/-innen, die Konsumausgaben der privaten Hand sind ein ganz enormer Bestandteil dieser konjunkturellen Erholung. Sie sorgen dafür, dass die Konjunktur wieder wachsen kann. Sie setzen Wachstumsimpulse. Und selbstverständlich ist auch ein angemessener Mindestlohn ein ganz zentraler Bestandteil, um unsere Konjunktur zu stabilisieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die deutsche Wirtschaft hat eine enorme Exportstärke; das wissen wir. Wir merken momentan aber auch, was die Gefahr dabei ist. Wenn in China das Wachstum schwächelt, wenn das globale Wachstum schwächer wird, dann merken wir das ganz konkret hier. Deswegen ist es richtig, was uns viele Wirtschaftsforschungsinstitute immer wieder ins Stammbuch geschrieben haben: Stärken wir die Binnennachfrage. Das tun wir mit einem armutsfesten Mindestlohn. Deswegen freue ich mich auf die weitere Debatte.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die AfD hat jetzt Gerrit Huy das Wort.

(Beifall bei der AfD)