Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
09.11.2023

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Kindererziehung ist leider häufig immer noch Frauensache, und wenn Frauen arbeiten, arbeiten sie häufig nur im Minijob. Die Rentenansprüche sind dann dementsprechend gering. Genau das, diese finanzielle Abhängigkeit und Armut im Alter, wollen wir verhindern.

Häufig sind die Jobs von Frauen nicht nur klein, sondern sie sind auch schlecht bezahlt. Deshalb war es richtig, dass der Mindestlohn 2015 endlich eingeführt wurde, dass eine untere Haltelinie eingeführt wurde, die nicht unterschritten werden darf. Frau Schimke, die Tarifpartnerschaft funktioniert eben nicht mehr in allen Branchen. Es braucht den Mindestlohn, damit Arbeit und Würde wirklich wieder zusammenpassen. Richtig war deshalb auch, dass wir den Mindestlohn im letzten Jahr auf 12 Euro erhöht haben; denn davon profitieren vor allem Frauen.

Der Mindestlohn muss jetzt natürlich weiter angepasst werden. Die Höhe des Mindestlohns darf 60 Prozent des Medianlohns nicht unterschreiten; denn Arbeit muss fair entlohnt werden und vor Armut schützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber es geht vor allem um die kleinen Jobs, um die Minijobs. Es ist bekannt: 12 Euro Mindestlohn waren in der Ampel nur in Verbindung mit der Erhöhung der Minijobverdienstgrenze auf 520 Euro möglich. Dieser Kompromiss war für uns Grüne schwierig, auch das ist bekannt. Wir bleiben dabei: Auch kleine Jobs sollen sozialversicherungspflichtig sein; denn davon würden die Sozialversicherungen profitieren, aber vor allem die Beschäftigten und insbesondere Frauen.

Im Koalitionsvertrag haben wir deshalb festgeschrieben, dass Minijobs nicht zur Teilzeitfalle werden dürfen. Reguläre Arbeitsverhältnisse dürfen auch nicht durch Minijobs ersetzt werden. Außerdem darf es keine Hürden beim Wechsel in versicherungspflichtige Beschäftigung geben. Deshalb haben wir den Übergang von Minijobs zu Midijobs deutlich verändert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Früher waren die Sozialabgaben beim Wechsel hoch. Wer früher nur einen Cent mehr als 450 Euro verdient hat, musste sofort 52 Euro Sozialversicherung zahlen. Heute ist das anders, heute sind das 0 Euro – und die Arbeitgeber/-innen zahlen dafür mehr. Wir haben also die Hürde, von einem Minijob in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu wechseln, deutlich abgesenkt. Das war wichtig, damit Minijobs eben nicht zur Teilzeitfalle werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das reicht aber nicht aus. Jetzt müssen wir auch noch die geplanten und notwendigen steuerlichen Anpassungen auf den Weg bringen; denn Frauen mit der Steuerklasse V werden massiv benachteiligt. Sie zahlen über das Jahr mehr Steuern – der Ehemann in Steuerklasse III dafür weniger. Für die Frauen ist das extrem frustrierend, weil vom Lohn eben weniger übrig bleibt. Der Ausweg ist da häufig der Minijob, und genau das müssen wir verhindern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Außerdem geht den Frauen durch die Steuerklasse V auch viel Geld verloren, beispielsweise wenn sie Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld beantragen müssen; denn diese Lohnersatzleistungen werden auf Grundlage des Nettolohns berechnet, und der ist eben in der Steuerklasse V viel zu niedrig. Das ist eine Benachteiligung, und die ist nicht akzeptabel. Deshalb werden wir definitiv die Steuerklasse V abschaffen und damit den Wechsel von den Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung attraktiver machen. Denn, wie gesagt, finanzielle Abhängigkeit und Armut im Alter von Frauen wollen wir verhindern. So was darf es nicht geben.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die SPD-Fraktion hat nun Kaweh Mansoori das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)