Rede von Beate Müller-Gemmeke Mindestlohn

Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
25.04.2024

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen und auch Gruppen! Ich habe es hier schon häufig gesagt: Die politische Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro war dringend notwendig. Davon haben insbesondere die Beschäftigten in den Ostbundesländern im Niedriglohnbereich und vor allem Frauen profitiert. Die ganzen negativen Szenarien, die prognostiziert wurden, Frau Schimke, sind eben nicht eingetreten.

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])

Laut IAB haben nur sehr wenige Betriebe mit Entlassungen auf die Erhöhung auf 12 Euro reagiert. Die Anpassung des Mindestlohns war also richtig und wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben immer betont, dass nach dieser politischen Erhöhung wieder die Mindestlohnkommission über die Entwicklungen entscheiden soll; denn das entspricht dem Grundverständnis der Tarifautonomie. Für uns war die Einführung des Mindestlohns Aufgabe der Politik, aber die Anpassung Sache der Sozialpartner. Davon waren wir zutiefst überzeugt.

Und dann kam die Entscheidung der Mindestlohnkommission im letzten Jahr: eine Lohnsteigerung von gerade mal 82 Cent in zwei Jahren. Das war angesichts der damaligen Inflation definitiv zu wenig.

(Beifall der Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Matthias W. Birkwald [Die Linke] und Andrej Hunko [BSW])

Diese Entscheidung ist in keiner Weise nachvollziehbar und kann nur scharf kritisiert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])

Enttäuschend war vor allem auch, wie diese Empfehlung zustande gekommen ist. Die Idee ist ja eigentlich, dass die Mindestlohnkommission einen Kompromiss findet, den alle mittragen können, einen Kompromiss, der die unterschiedlichen Interessen berücksichtigt. Genau das hat nicht funktioniert. Es gab keine Einigung; die Gewerkschaftsseite wurde überstimmt. Das geht nicht, dieser Vorgang ist einfach nicht akzeptabel. Verantwortung sieht anders aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BSW und des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])

Das ist die Situation. Und jetzt ist die Frage: Wie geht es weiter? Die Gruppe BSW fordert jetzt einen Mindestlohn in Höhe von 14 Euro. Ich muss fragen: Und dann, wie geht es weiter? Soll der Mindestlohn dann jährlich politisch erhöht werden? Soll die Mindestlohnkommission abgeschafft werden? Hier bleibt das BSW unklar.

Wir Grünen haben einen anderen und ganz klaren Beschluss gefasst: Wir wollen die Vorgaben und die Kriterien im Mindestlohngesetz nachschärfen, weil sie in der heutigen Form eben nicht ausreichen, um Erwerbsarmut zu verhindern. Konkret wollen wir beim Mindestlohn eine Untergrenze einziehen. Sie soll bei mindestens 60 Prozent des mittleren Lohns von Vollzeitbeschäftigten liegen. Das wären zurzeit tatsächlich 14 Euro. Der Unterschied zum BSW ist aber: Unsere Regelung ist mit den 60 Prozent dynamisch. Genauso muss es sein; denn damit haben wir eine nachvollziehbare und auch eine langfristige Regelung. Sie schützt den Mindestlohn nach unten, ist aber nach oben offen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei Abgeordneten des BSW)

In dieser Wahlperiode wird es diese Reform mit der Ampel nicht geben.

(Zurufe vom BSW: Oah!)

Das ist klar, und das muss ich auch nicht weiter erklären. Aber es gibt ja auch noch ein Morgen. Das heißt, wir bleiben dran; denn der Mindestlohn ist kein Almosen. Die Menschen arbeiten häufig in besonders schwierigen Berufen. Sie geben in Krankenhäusern beispielsweise das Essen aus, sie versorgen uns im Einzelhandel mit Lebensmitteln, sie tragen bei Wind und Wetter Zeitungen und Briefe aus.

Der Mindestlohn ist die unterste Haltelinie, und die macht nur dann Sinn, wenn die Beschäftigten in Vollzeit auch tatsächlich davon leben können. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.

(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [BSW])

Sie ist wichtig für die betroffenen Menschen, aber vor allem auch für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die AfD-Fraktion hat nun das Wort Gerrit Huy.

(Beifall bei der AfD)