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15.04.2021

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Präsident! Lieber Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Matthias Zimmer hat recht, wenn er sagt – das war auch genau richtig argumentiert –, dass der Mindestlohn in erster Linie ein ordnungspolitisches Instrument ist, um auf der einen Seite Dumpinglöhne zu verhindern und auf der anderen Seite faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Insofern ist es ein Mittel der sozialen Marktwirtschaft; sehr richtig beschrieben. Aber wenn es in Deutschland Menschen gibt, die alleinstehend sind, Vollzeit erwerbstätig sind und Anspruch auf Arbeitslosengeld II, Hartz IV, haben, die zum Jobcenter müssen und ihr Einkommen aufstocken müssen, dann zeigt das, dass der Mindestlohn in Deutschland zu niedrig ist und angehoben werden muss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Bernd Rützel [SPD])

Ich will, gerade als Arbeitsökonom, noch mal was zu den ökonomischen Effekten sagen, die ein Mindestlohn hat. Ein Mindestlohn erhöht das Arbeitsangebot. Ein Mindestlohn erhöht die Bereitschaft, effektiver zu sein; „Effizienzlöhne“ heißt das in der ökonomischen Theorie. Ein Mindestlohn erhöht die Produktivität – früher nannte man so was mal „Produktivitätspeitsche“ –, kann also die produktiven Prozesse im Unternehmen verstärken. Und er erhöht – die Kollegin Zimmermann hat darauf hingewiesen – die Nachfrage. Das kann, insbesondere wenn man in einer konjunkturell schwierigen Zeit ist wie jetzt und die Konjunktur dann anspringt, einen zusätzlichen Schub geben. Auch das ist ein positiver Effekt eines steigenden Mindestlohns.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dem steht natürlich gegenüber, dass ein Mindestlohn auch Kosten im Unternehmen verursacht, und das muss abgewogen werden. Deswegen sagen wir Grüne – das haben wir von Anfang an gesagt –: Die Mindestlohnkommission muss über die Höhe des Mindestlohns entscheiden. – Deswegen sind wir nach wie vor auch für die Mindestlohnkommission. Das ist völlig richtig, weil es schwierige Prozesse sind und wir auch die Wissenschaft noch stärken wollen; denn es geht dabei nicht nur um die Interessen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden, sondern dieser Abwägungsprozess muss auch wissenschaftlich begleitet werden. Deswegen wollen wir in dieser Kommission auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Stimmrecht haben, die mitentscheiden können, wie hoch der Mindestlohn am Ende sein wird.

Aber wir sagen, dass die Politik an einer Stelle auch Vorgaben machen können muss, und das betrifft die Frage der Armut. Deswegen wollen wir das Ziel des Schutzes vor Armut als zusätzliches – nicht als alleiniges, aber als zusätzliches – Kriterium ins Mindestlohngesetz schreiben. Wir finden, dass die Politik da durchaus Vorgaben machen kann; denn wenn Menschen Vollzeit erwerbstätig, alleinstehend sind und dann noch aufstocken müssen, dann müssen wir doch dafür sorgen, dass der Mindestlohn vor Armut schützt. Das ist wirklich das Mindeste.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Strengmann-Kuhn.

(Abg. Uwe Schummer [CDU/CSU] begibt sich zum Rednerpult)

– Darf ich das noch kurz sagen? Nächster Redner ist der Kollege Uwe Schummer, CDU/CSU-Fraktion.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)