Rede von Frank Bsirske Mindestlohn

Frank Bsirske MdB
10.11.2022

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Abgeordnete! Zwischenzeitlich ist in mehreren Studien untersucht worden, in welchem Umfang Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land um den ihnen gesetzlich zustehenden Mindestlohn betrogen werden. Die Schätzungen differieren zwischen 1 Million und 3 Millionen. So oder so sind das Größenordnungen, die alarmieren müssen und zum Handeln zwingen.

Der vorliegende Antrag greift das völlig zu Recht auf und weist mit seinen Vorschlägen grundsätzlich in die richtige Richtung. Das betrifft etwa die Forderung nach einer tagesaktuellen elektronischen und manipulationssicheren Aufzeichnung der Arbeitszeit und ihrer Erstreckung auf alle in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Branchen. Tatsächlich würde damit eine zentrale Voraussetzung für eine effektive Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohngesetzes durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit geschaffen. Das entspricht zugleich einer von den Beschäftigten der FKS immer wieder vorgebrachten Empfehlung.

Beachtenswert ist auch die Einrichtung einer Hotline, über die Hinweise auf Gesetzesbruch gegeben werden können, denen, soweit plausibel, nachgegangen werden muss. Das ist etwas, was in Großbritannien seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns mit Erfolg praktiziert und übrigens besonders intensiv von Unternehmen genutzt wird, die sich gegen Gesetzesbrecher und unlautere Wettbewerber aus den eigenen Reihen wehren.

Zielführend ist auch ein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften. Das ist angesichts des Umfangs, in dem gesetzliche Ansprüche vorenthalten werden, ein richtiger Schritt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Nachvollziehbar ist auch, dass der Antrag die Aufmerksamkeit auf die Stellenausstattung der FKS lenkt. Sicher macht eine bessere Stellenausstattung Sinn. Fraglich ist allerdings, ob die Priorität an dieser Stelle richtig gesetzt ist. Vorrang sollte hier zunächst die Besetzung der erschreckend hohen Zahl freier Stellen haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Im März 2022 waren von rund 9 500 Stellen lediglich 7 500 besetzt, rund 20 Prozent der Stellen also unbesetzt – ein Unding. Deswegen muss über das Finanzministerium Druck auf die Behörden- und Dienststellenleitungen gemacht werden. Neben der bereits eingeleiteten Aufstockung der Ausbildungskapazitäten gehört dazu vor allem die Bereitschaft, Stellen vermehrt auch mit Angestellten zu besetzen und die Bezahlung attraktiver zu gestalten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Der Antrag hebt ferner auf die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und besondere Zuständigkeiten bei den Gerichten ab. Das vermag nicht zu überzeugen, sollten Schwerpunktstaatsanwaltschaften doch komplexen Rechtsmaterien vorbehalten bleiben. Dazu gehört das Mindestlohngesetz nicht.

Die hohe Dunkelziffer des Mindestlohnbetruges verweist dagegen auf die Notwendigkeit, Gesetzesbrecher schärfer zu sanktionieren:

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

mit deutlich höheren Strafzahlungen und langanhaltendem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen. Überlegungen dazu fehlen in dem Antrag.

In Abwägung der verschiedenen Aspekte wollen wir dem Antrag deshalb nicht zustimmen, auch wenn wir davon überzeugt sind, dass eine Reihe der angesprochenen Punkte es verdienen, –

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– ernsthaft weiterverfolgt zu werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach, Frank, das ist aber schade!)

– Aber das war dir doch klar.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Norbert Kleinwächter.

(Beifall bei der AfD)