Rede von Beate Müller-Gemmeke Mindestlohn

Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
10.11.2022

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Es freut mich, dass wir heute noch mal die Möglichkeit haben, über den Mindestlohn zu diskutieren. Seit 1. Oktober 2022 gilt ja jetzt der neue Mindestlohn in Höhe von 12 Euro. Damit heben wir rund 6 Millionen Beschäftigte über die Armutsschwelle. Davon profitieren vor allem viele Frauen. Die Erhöhung war also eine Frage der Gerechtigkeit, und ich finde, das muss hier einfach noch mal gesagt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Eines kann ich mir jetzt nicht verkneifen: Wenn die Union, wie gerade in der Debatte um das Bürgergeld, immer einen Lohnabstand einfordert, dann ist das nicht wirklich ehrlich; denn es waren doch Sie, die Union, die beim Mindestlohn immer blockiert hat.

(Axel Knoerig [CDU/CSU]: Da sagen unsere Arbeitnehmer aber was völlig anderes! – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Das sind echte Fake News!)

Damit ist jetzt Schluss. Wir haben jetzt den Mindestlohn erhöht. Das war überfällig, und es war wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir über den Mindestlohn reden, dann geht es um die Beschäftigten, die natürlich trotzdem wenig verdienen. Es geht beispielsweise um die Servicekraft in den Restaurants, um die Reinigungskraft in den Hotels, Paketboten; die Logistik wurde angesprochen. Genau diese Menschen müssen darauf vertrauen können, dass der Mindestlohn nicht nur auf dem Papier steht, sondern dass er auch tatsächlich gezahlt wird. Es darf keine Lücken geben, es darf keine Möglichkeiten geben, den Mindestlohn zu unterlaufen. Deshalb muss er effektiv kontrolliert werden.

Kontrollen sind effektiv, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

Erstens. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit braucht dafür Personal. Planstellen stehen ausreichend zur Verfügung.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das Problem ist doch, dass die Stellen nicht besetzt werden können!)

Mein Kollege Bsirske hat es aber schon gesagt: Das Problem ist, dass viel zu viele Stellen gerade nicht besetzt sind. Hier braucht es wirklich mehr Anstrengungen, und das haben wir auch genau im Blick.

Zweite Voraussetzung. Kontrollen sind dann effektiv, wenn die Arbeitszeit dokumentiert wird, und zwar nicht nur die Dauer, sondern auch der Beginn und das Ende der Arbeitszeit. Diese Dokumentationspflichten gibt es schon bei Minijobs und für die Branchen, die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz stehen. Da müssen wir noch etwas nachschärfen.

Die Erfassung der Arbeitszeit muss natürlich auch ganz grundsätzlich zum Thema werden. Das steht bei uns im Koalitionsvertrag, das sagte uns das Bundesverfassungsgericht, und das sagt mittlerweile auch das Bundesarbeitsgericht. Wir werden hier eine Lösung entwickeln, die zeitgemäß, also digitalisiert, elektronisch und praktikabel ist. Gleichzeitig muss diese Lösung natürlich garantieren, dass jede Arbeitsstunde erfasst und damit auch bezahlt wird; denn alles andere ist nicht gerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Zurück zum Mindestlohn. Der Mindestlohn ist wichtig, aber er ist nur die unterste Haltelinie. Echte Lohngerechtigkeit gibt es am besten mit guten Tarifverträgen, und deshalb werden wir die Tarifbindung stärken.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Unser nächster Schritt ist ein Bundestariftreuegesetz; denn Arbeit muss fair entlohnt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)