Rede von Beate Müller-Gemmeke Mitbestimmungsregeln bei grenzüberschreitenden Unternehmensreorganisationen
Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Europa wächst zusammen. Das gilt einerseits für die Beschäftigten. Sie
können dank der Freizügigkeit ohne große Hürden europaweit arbeiten. Das gilt natürlich andererseits auch für die Wirtschaft. Unternehmen können überall in
Europa Niederlassungen gründen, fusionieren oder Unternehmensteile abspalten. Wenn so in Deutschland neue Unternehmen entstehen, dann muss für diese Unternehmen
natürlich auch die Mitbestimmung geregelt werden.
Deshalb gibt es heute das Gesetz. Es geht um unternehmerische Freiheit und um die Rechte der Beschäftigten. Beides ist wichtig, und beides muss in
Europa Hand in Hand gehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Das Thema ist nicht ganz einfach; es ist ein bisschen sperrig. Deshalb zeige ich mit einem Beispiel, warum das Gesetz heute wichtig ist. In Österreich
haben die Beschäftigten ab einer Unternehmensgröße von 300 Beschäftigten einen Anspruch auf ein Drittel der Sitze im Aufsichtsrat. In Deutschland ist das erst
ab 500 Beschäftigten der Fall. Wenn jetzt ein österreichisches Unternehmen mit 400 Beschäftigten den Firmensitz durch Umwandlung, Spaltung oder Fusion nach
Deutschland verlagert, dann gilt für das Unternehmen natürlich deutsches Recht. Und wenn dann über die Mitbestimmung für diese 400 Beschäftigten verhandelt
wird, dann gilt zukünftig mit dem heute vorliegenden Gesetz ein strenger Bestandsschutz. Die 400 Beschäftigten haben also die gleiche Mitbestimmung wie im
bisherigen Unternehmen in Österreich. Diese Regelung, dieser Bestandsschutz ist gut und vor allem fair.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Carl-Julius Cronenberg [FDP])
Damit schafft das Gesetz klare Regeln für grenzüberschreitende Unternehmen. Firmen können natürlich weiterhin fusionieren und sich abspalten, wie sie
möchten. Die neuen Regelungen zur Mitbestimmung müssen dann aber mindestens so gut sein wie die alten. So wird die Mitbestimmung effektiv geschützt. Das ist
wichtig; denn das schafft – trotz Veränderung – bei den Beschäftigten Vertrauen.
Ich komme zum Schluss. Es ist gut, dass die Europäische Union mit der Umwandlungsrichtlinie bei grenzüberschreitenden Unternehmen die Mitbestimmung
absichert. Es ist noch besser, dass die Bundesregierung ein präzises Gesetz vorlegt, mit dem die Richtlinie gut umgesetzt wird. Deshalb werden wir das Gesetz –
da bin ich mir sicher – auch bald beschließen können. Dann sind wir beim sozialen Europa wieder ein Stück weitergekommen. Und das ist gerade jetzt, in diesen
Zeiten, besonders wichtig.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Carl-Julius Cronenberg [FDP])
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Jürgen Pohl spricht für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)