Rede von Frank Bsirske Mitbestimmungsregeln bei grenzüberschreitenden Unternehmensreorganisationen und Umwandlungsrichtlinie

Frank Bsirske MdB
01.12.2022

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Abgeordnete! Es klang bereits an: Im Koalitionsvertrag der Ampel haben wir vereinbart, die missbräuchliche Umgehung geltenden Mitbestimmungsrechts zu verhindern und dafür zu sorgen, dass auch bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen von Unternehmen nationale Beteiligungsrechte gesichert werden. Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf machen wir einen wichtigen Schritt zur Sicherung der Mitbestimmung, und ich kann Ihnen versprechen: Weitere werden folgen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Der nun vorliegende Gesetzentwurf enthält Regelungen zum Schutz der Mitbestimmung bei der Herein-Umwandlung von Gesellschaften aus dem Ausland nach Deutschland. Damit setzen wir die EU-Richtlinie um, die das Ziel hat, die Niederlassungsfreiheit von Unternehmen im EU-Binnenmarkt in einen angemessenen Ausgleich mit den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Schutz ihrer Mitbestimmungsrechte zu bringen. Insbesondere sieht der Gesetzentwurf Verhandlungen zwischen Unternehmen und einem besonderen Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer/-innen über die Mitbestimmungsrechte bereits dann vor, wenn eine beteiligte Gesellschaft eine Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt, die mindestens vier Fünfteln des deutschen Mitbestimmungsschwellenwerts entspricht. Mit solcher Art antizipierender Betrachtung wird der missbräuchlichen Umgehung von Mitbestimmungsrechten entgegengewirkt. Gut so!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Mathias Papendieck [SPD])

Voraussichtlich in der kommenden Sitzungswoche werden wir dann im Plenum einen weiteren Gesetzentwurf zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie in deutsches Recht beraten. Dabei geht es um die Verhinderung missbräuchlicher Umgehungen des geltenden Mitbestimmungsrechts bei der sogenannten Heraus-Umwandlung von deutschen Unternehmen und Gesellschaften ins europäische Ausland. Dieser Teil der EU-Richtlinie wird vom Justizministerium umgesetzt. Bei der Heraus-Umwandlung von deutschen Unternehmen werden die deutschen Registergerichte künftig prüfen, ob ein Unternehmen die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen Zwecken durchführt, und hierzu gehört, lieber Axel Knoerig, auch insbesondere die Umgehung der deutschen Mitbestimmung. Kein Unternehmen soll sich durch billige Tricks zulasten der Beschäftigten der Mitbestimmung entziehen können. Das ist unsere Position.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Nun sind die Registergerichte bisher ja nicht mit Fragen der Unternehmensmitbestimmung befasst. Umso wichtiger ist es daher, den gesetzlichen Prüfauftrag mit klaren Anhaltspunkten zu versehen, die für die missbräuchliche Umgehung der deutschen Mitbestimmungsrechte sprechen, zum Beispiel, wenn im Zielland keine Wertschöpfung erbracht wird oder der Verwaltungssitz in Deutschland verbleibt.

Es ist erklärtes Ziel der EU-Richtlinie und muss in der Folge auch Ziel des Umsetzungsgesetzes hier sein, ein Absenken des Status quo bei der Mitbestimmung gegen den Willen der Arbeitnehmer/-innen auszuschließen. Genau das wird die Maxime unseres Handelns sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die SPD-Fraktion hat als letzte Rednerin das Wort Dr. Zanda Martens.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)