Rede von Stefan Gelbhaar Entfernungspauschale

Foto von Stefan Gelbhaar MdB
21.04.2023

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU war mal eine Volkspartei. Damals hat sie es gespürt, wenn in der Bevölkerung eine positive Wallung zu einem politischen Projekt existierte, wie es zum Beispiel beim Deutschlandticket oder 49‑Euro-Ticket der Fall ist. Das scheint jetzt Vergangenheit zu sein. Das habe ich zumindest der Rede gerade entnommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Aber wir reden heute über die Entfernungspauschale. Da lässt sich erst mal festhalten: Die aktuelle Entfernungspauschale ist ungerecht. Sie ist so, wie sie ist, zudem klima- und umweltschädlich. Die Koalition hat sich vorgenommen, genau das zu ändern. Dazu drei Punkte.

Erstens. Die Entfernungspauschale verfehlt aktuell ihr Ziel. Sie soll eigentlich die Wegekosten ausgleichen. Aber tatsächlich gilt: Wer viel verdient, bekommt auch hier viel von der Steuer zurück, teilweise das Doppelte oder das Dreifache für die gleiche Strecke. Das spiegelt die Wegekosten gar nicht wider. Wer jetzt ruft: „Wer viel Steuern zahlt, für den soll das eben nicht gelten“, dem sage ich: Nein; es geht um die Wegekosten, und daher ist das nicht nur ungerecht, das ist auch gegen den Sinn dieser Pauschale. Deswegen müssen wir das angehen und ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Die Entfernungspauschale erreicht nur vergleichsweise wenige Menschen. Die Pauschale kostet den Staat dennoch über 5 Milliarden Euro jedes Jahr. Viele Menschen denken, gerade sie profitieren von der Entfernungspauschale. Geld gibt es allerdings erst dann, wenn der tägliche Arbeitsweg sehr lang ist oder noch weitere Kosten hinzukommen. Das trifft immerhin für ein Viertel der Erwerbstätigen zu, für drei Viertel der Menschen allerdings nicht. Das ist unbefriedigend. Die Frage muss doch sein: Wie können wir größtmögliche Mobilität für viele Menschen erreichen, ohne unnötigen Verkehr zu provozieren? Das geht. Da müssen wir mit neuen Regeln ran.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Die aktuelle Entfernungspauschale ist zudem umwelt- und klimaschädlich. Bis zum Jahr 2030 wird sie rund 12,6 Milliarden vermeidbare Fahrkilometer provozieren. So hat es das Umweltbundesamt prognostiziert. Das heißt, wir haben hier ein enormes Potenzial, zum Beispiel große Mengen CO2 einzusparen. Dieses Potenzial gilt es zu heben. Daran muss sich jede künftige Regel messen lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier liegt leider ein Schwachpunkt des Vorschlags von der Linkspartei. Ihr Vorschlag ist sicherlich sozialer – zugestanden – als zumindest der aktuelle Zustand. Aber Ihr Vorschlag ist eben weder umwelt- noch klimafreundlich. Im Gegenteil: Ihr Vorschlag belohnt weites und häufiges Fahren. Was wir aber brauchen, ist eine soziale und ökologische Reform. Genau das haben wir vor rund einem Jahr in der Koalition beim Koalitionsausschuss beschlossen.

Es gibt viele gute Reformvorschläge. Es gibt viele gute Beispiele aus anderen Ländern. Ich habe jetzt auch einen zumindest für die CDU/CSU neuen Vorschlag vom Kollegen Tebroke gehört, die Pauschale einfach abzuschaffen. Das gehört alles erörtert. Deswegen freue ich mich auf eine wiewohl komplizierte, aber auch detailreiche Debatte mit dem Finanzministerium, mit der Opposition und auch mit den geliebten Koalitionspartnern.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)