Rede von Merle Spellerberg Moldau

Merle Spellerberg
14.12.2022

Merle Spellerberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir das letzte Mal hier im Plenum über Moldau gesprochen haben, war April. Die Premierministerin Natalia Gavrilita war zu Besuch im Bundestag und hat uns von den Ängsten und Bedürfnissen der Menschen in ihrem Land berichtet.

Schon damals tobte der brutale Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine. Es waren schon zu diesem Zeitpunkt Tausende Menschen aus der Ukraine angekommen, die in Moldau aufgenommen und versorgt wurden. Der Druck auf die demokratische, proeuropäische Regierung wuchs schon damals auf Betreiben Russlands enorm an. Moldau, das ärmste Land Europas, hatte schon damals zu kämpfen und hat gekämpft und tut dies immer noch. Wir stehen dabei an Moldaus Seite.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gemeinsam mit unseren internationalen Partnerinnen und Partnern haben wir schon im Frühjahr mehr als 650 Millionen Euro bereitgestellt. Aber das war im Frühling, liebe Kolleginnen und Kollegen. Jetzt ist Winter, und in Chisinau ist es bitterkalt. Im November wurden Gasimporte aus Russland halbiert. Die Lieferung des gesamten Stroms aus dem russisch-gestützten Transnistrien wurde komplett gestoppt – ganze 70 Prozent der landesweiten Versorgung. Familien bezahlen bis zu drei Viertel ihres Einkommens für ihre Energiekosten. Straßenlampen müssen ausgestellt werden. Lebensmittelpreise steigen. Die Inflation steht bei 34 Prozent.

Die russische Einflussnahme, liebe Kolleginnen und Kollegen, hinter all diesen Entwicklungen ist nicht versteckt, sondern ziemlich offensichtlich. Was wir hier sehen, ist Erpressung auf dem Rücken der Menschen, dem Rücken der armen Menschen. Der Schaden, den die Menschen davontragen, bietet Nährboden für die prorussische Opposition, die schon seit Amtsantritt versucht, die Regierung um Maia Sandu zu destabilisieren. In Moldau versucht Russland einen weiteren Krisenherd in Europa zu schaffen und unsere Solidarität zu testen.

Moldau ist heute geschwächt und wird gerade vor unseren Augen Opfer des russischen Energiekrieges. Aber was sich seit dem Frühjahr geändert hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass Moldau heute offiziell Beitrittskandidatin der EU ist. Das ist gut für Moldau, und das ist gut für Europa.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])

Das gibt uns ein Momentum, unsere außenpolitischen Bemühungen mit Moldau weiter auszubauen. Wir unterstützen die Menschen in Moldau in ihrem Wunsch nach mehr Demokratie, Bekämpfung der Oligarchen, mehr Rechtsstaatlichkeit und einem Ende der Korruption. Wir zeigen mehr europäische Solidarität gegen russische Erpressung.

Das machen wir auch mit finanzieller Unterstützung. Ende November erst haben Annalena Baerbock und Svenja Schulze bei der bereits dritten Geberkonferenz weitere Gelder für die Unterstützung Moldaus zugesichert. Die internationale Konferenz gibt nun mehr als 1,5 Milliarden Euro. Damit sollen unter anderem Energieeffizienz und erneuerbare Energien gestärkt werden; denn in Moldau sehen wir ganz akut, dass Energiesicherheit eine Kernfrage von einem integrierten Sicherheitsbegriff ist. Auch die anhaltende Hilfe, die Moldau für die Geflüchteten aus der Ukraine leistet, soll weiterhin gestützt werden: kurzfristig im zentralen Krisenmanagement und langfristig in der Integration der Menschen, die in Moldau bleiben werden.

Wie wir nun weitermachen sollten, ist für mich ganz klar: Wir unterstützen Moldaus Resilienz und stärken den Weg aus der russischen Energieabhängigkeit. Überall dort, wo wir unsere Partner/-innen vor Putin schützen können, leisten wir einen Beitrag zur Sicherheit. Wir tun dies für die Menschen in Moldau, aber auch aus ureigenem Interesse; denn Putins Krieg richtet sich eben nicht nur gegen die Ukraine, die Aggressionen nicht nur gegen Moldau, sondern gegen Demokratinnen und Demokraten.

Bei den notwendigen Schritten für einen schnellen EU-Beitritt stehen wir an Moldaus Seite. In den aktuellen Krisen begleiten wir weiterhin Justiz- und Verwaltungsreformen. Wir unterstützen den Kampf gegen Menschenrechtsverstöße wie Diskriminierung von Roma oder Gewalt gegen Frauen oder die LGBTQI-Community. Wir setzen uns ebenso für eine bessere Anbindung Moldaus an die EU ein – über Schieneninfrastruktur ebenso wie über klima- und energiepolitische Kooperation. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um die Unterstützung unseres Antrags: um all diese Bemühungen aufrechtzuerhalten und weiter zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Jürgen Hardt [CDU/CSU])