Rede von Ekin Deligöz Nachtragshaushalt

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02.07.2020

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Pandemie hat uns eines gezeigt, nämlich wie wichtig die Daseinsvorsorge vor Ort in den Kommunen ist. Viele Kommunen leiden. Sie haben kaum noch Spielräume, und in letzter Not können sie ihre Kernaufgaben erfüllen. Ich nenne Ihnen nur ein paar Stichworte: ÖPNV, Sozialkosten, Wohnungsbau oder auch der Strukturwandel vor Ort. – Gerade deshalb ist es richtig und es ist auch wichtig, dass wir sie mit Kosten der Unterkunft hier an dieser Stelle entlasten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kommunen sind sprichwörtlich der Ast, auf dem wir sitzen. Aber, Herr Minister, diese Maßnahme verschafft nur ein Mal ein kurzes Atmen auf Zeit. Denn vielen Kommunen in Not wird das alleine nicht genügen. Stattdessen müssen wir mehr Entschlossenheit zeigen, wenn es darum geht, die Altschulden zu streichen. Das erst verschafft ihnen die Rahmenbedingungen und die Freiheit, zu handeln und vor Ort in die Zukunft zu investieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])

Diese klaren Verhältnisse wünsche ich mir, ehrlich gesagt, aber auch für die Sozialversicherungen. Es reicht nicht, jetzt nur darüber zu reden, wie wir ihnen mit Krediten kurzfristig Spielräume geben, sondern wir brauchen langfristig Stabilität und Handlungsfähigkeit für die Kommunen. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Was ist denn mit der Arbeitslosenversicherung? Werden Sie auch im nächsten Jahr noch Zeit, Platz und Mittel haben, in die Qualifizierung zu investieren? Werden Sie auch Weiterbildung voranbringen können? Reden wir hier über Kredite, oder reden wir über Handlungsspielräume für diese Agentur? Darüber müssen wir auch hier in diesem Haus noch einmal reden;

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn so, wie Sie das gelöst haben, wird es uns langfristig nicht helfen.

Was verbindet die Kommunen mit den Sozialversicherungen? Beides verhindert die Spaltung dieser Gesellschaft. Genau das ist der Auftrag in einer Krise: dass wir nicht die Spaltung zwischen Arm und Reich sowie zwischen denjenigen, die einen guten Zugang zu Bildung haben, und denjenigen, die keinen Zugang zu Bildung haben in diesem Land, manifestieren, sondern jedem eine Chance geben, insbesondere jedem Kind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja, dann macht das mal in den Ländern!)

An dieser Stelle eine Sache, die mir bei dieser Debatte aufgefallen ist: Frauen haben in diesem Land Großartiges geleistet in der Krise. Sie haben das Wunder vollbracht, Homeoffice und Kinderbetreuung zu vereinbaren, zur gleichen Zeit, zur gleichen Stunde. Sie waren die Frauen an den Kassen, als alle zu Hause blieben. Sie waren diejenigen in den Pflegeheimen, in den Krankenhäusern, die Mehrfachschichten gearbeitet haben. Frauen haben diese Krise mit geschultert. Die Redezeit von Frauen in dieser Debatte mit einer Dauer von 90 Minuten beträgt gerade einmal 16 Minuten. Frauen sind die Hälfte der Gesellschaft, aber sie sind nicht die Hälfte dieses Parlaments. Die Zeit ist reif für eine Parität – jetzt erst recht!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Sonja Steffen, SPD, ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der SPD)