Rede von Merle Spellerberg Nationale Sicherheitsstrategie
Merle Spellerberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zurück vom Nationalismus zur Nationalen Sicherheitsstrategie.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Auf diese warten wir alle gespannt: als Fachpolitiker/-innen hier im Parlament, als Bürger/-innen in den Wahlkreisen und natürlich auch unsere Partner/-innen weltweit; denn diese Strategie ist der mutige Schritt, zum allersten Mal ein umfassendes Narrativ über die deutsche Sicherheitspolitik niederzuschreiben, in einer Zeit, in der nicht nur Europa seine Sicherheit neu denken muss, sondern sich die gesamte Welt neu ordnet. Die Nationale Sicherheitsstrategie soll unser politisches Handeln zu jedem Zeitpunkt in einen größeren Rahmen einordnen können, für uns selbst und unsere internationalen Partner/-innen.
Ich bin sehr froh darüber, dass unsere Außenministerin seit Beginn dieses Prozesses klar sagt, wie dieser Rahmen aussehen soll, nämlich basierend auf dem Dreiklang der Unverletzlichkeit unseres Lebens, unserer Freiheit und unserer Lebensgrundlagen
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)
als Antwort auf nationalistische und protektionistische Kräfte, in dem Wissen, dass die Klimakrise und all ihre Folgen eine dramatische Sicherheitsbedrohung für jeden Einzelnen von uns darstellt, und in dem Wissen, dass jede dieser Bedrohungen sich anders auf marginalisierte Gruppen, auf Frauen auswirkt.
(Beatrix von Storch [AfD]: Wir wissen, dass Sie nichts wissen! – Enrico Komning [AfD]: Machen Sie mal Ihr Studium erst zu Ende!)
Die autoritären Machthaber der Welt gehen aggressiv gegen unsere demokratischen Werte vor. Die Außenministerin dagegen stellt die Menschen in den Mittelpunkt. Das ist die einzig richtige Antwort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP])
Teil dieses größeren Rahmens muss im Übrigen auch weiterhin ein klares Bekenntnis zur Rüstungskontrolle sein, gerade heute, gerade jetzt; denn es macht uns alle unsicherer, dass die internationale Rüstungskontrollarchitektur vor unseren Augen zerbröckelt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD] und Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP])
Putin darf uns darin nicht verunsichern, auch wenn er sich mit dem Aussetzen von New-START erneut als Tyrann der internationalen Ordnung beweist. Der Blick muss immer auch in die Zukunft gehen; denn es werden weiterhin Waffen eingesetzt und entwickelt, die in keiner Art und Weise den humanitären Grundsätzen entsprechen. Diese weiter zu bannen, muss weiter auch Teil unserer Sicherheitsstrategie sein.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Die Herausforderung für uns alle bleibt natürlich bei all diesen Teilen von Sicherheitspolitik, die Kohärenz zu bewahren. Dazu kurz am Rande: Bei der Reise der Außenministerin ins Saarland war zum Beispiel die Ministerpräsidentin anwesend und dabei.
Aber zurück zur Kohärenz. Diese lässt sich nicht herbeizaubern, auch nicht mit immer mehr Gremien, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union. Aber das wissen Sie, glaube ich, eigentlich selbst; denn sonst hätten Sie in den letzten 16 Jahren – auch wenn ich es wiederhole, bleibt es weiter wahr – diese Formate bereits angestoßen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ist das peinlich! Wenn Sie nichts anderes zu sagen haben! Das ist peinlich!)
Ein Sicherheitsrat ist keine magische Lösung für gut koordinierte Sicherheitspolitik.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU])
Was es wirklich braucht, liebe Kolleginnen und Kollegen – und das wissen Sie alle –, das ist ein Umdenken in den Köpfen. Das sehen wir im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Afghanistan und in der Enquete-Kommission. Es braucht ein Verinnerlichen davon, dass Sicherheit, egal ob vernetzt oder integriert, nachhaltig gedacht werden muss.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Frau Baerbock guckt ganz bedrückt! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Feministisch haben Sie vergessen!)
Und selbst das ist noch nicht bei allen angekommen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Rebecca Schamber [SPD])
Deshalb sollten wir die Strategie von Tag eins an nutzen, um genau dieses Umdenken in unserer Sicherheitspolitik mit voller Kraft anzustoßen und umzusetzen. Dazu gehört eben auch ein Haushalt, in dem sich diese Sicherheitspolitik integriert, vollumfassend und nachhaltig widerspiegelt; denn Sicherheitspolitik ist am effektivsten, wenn sie sich eines umfassenden Instrumentenkastens bedient – ziviler und militärischer Mittel. Der Kollege Trittin hat es gesagt: Wehrhaftigkeit ist notwendig, aber alleine keine Sicherheit.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Sonst befinden wir uns irgendwann auf einem Pfad, auf dem wir auf alle Herausforderungen nur noch militärische Antworten parat haben, einem Pfad, auf dem Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, die essenziell für unsere Sicherheit sind, auf der Strecke bleiben. Das wäre fatal.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Mit einer integrierten, vollumfassenden und nachhaltigen Sicherheitspolitik sind wir gut aufgestellt für die Herausforderungen der Zukunft. Ich freue mich darauf, genau das in unserer Nationalen Sicherheitsstrategie wiederzufinden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Das Wort hat die Kollegin Dr. Ann-Veruschka Jurisch für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)