Rede von Margit Stumpp Nationaler Bildungsbericht 2020

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04.03.2021

Margit Stumpp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Nationale Bildungsbericht zeigt vor allem eines: Seit Jahren nimmt diese Regierung die eklatanten Mängel unseres Bildungssystems hin, ohne sich darum zu kümmern. Die Analyse bezieht sich noch auf die Zeit vor der Pandemie. Man kann sich heute schon ausmalen, wie verheerend die nächste Zustandsbeschreibung ausfallen wird. Der Bericht offenbart, dass die offensichtlichen Mängel jahrzehntelang ignoriert wurden. Das ist wie TÜV ohne Plakette. Jedes Mal sagt der: „Die Karre hat erhebliche Mängel“, und dann wundert man sich, wenn sie auf einer Holperstrecke, sprich: Pandemie, auseinanderfällt.

Ministerin Karliczek hat gerade sehr deutlich demonstriert: Der Blick zurück verklärt so manches, und wer jetzt einen bildungspolitischen Aufbruch spürt, dem darf man, glaube ich, ruhig Realitätsverlust bescheinigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Perspektive ist eine andere. Der Blick zurück erklärt vieles: Nach wie vor hängt der Bildungserfolg vom Elternhaus ab. Die Risikolagen – sozial, finanziell, formal geringqualifizierte Eltern – sind bei Alleinerziehenden und Familien mit Migrationshintergrund besonders zahlreich. Ergebnis: Die Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten stagniert, und – das ist ganz bitter – auch die Zahl der Abgängerinnen und Abgänger ohne Abschluss steigt. Das heißt, die Lebenschancen der Kinder sinken. Das Versprechen des Aufstiegs durch Bildung wird immer seltener eingelöst. Das muss sich wieder ändern!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dem Lehrkräftemangel abzuhelfen. Das Bildungspersonal wird im Moment zahlenmäßig mehr, aber eben auch älter. Viele Lehrkräfte stehen vor dem Ruhestand. Trotzdem gibt es dazu bis heute keine Impulse aus dem BMBF. Das nenne ich Arbeitsverweigerung.

2018 waren 13 Prozent der neueingestellten Lehrkräfte Quer- und Seiteneinsteiger. Diese werden überdurchschnittlich oft an Brennpunktschulen eingesetzt, also da, wo man pädagogische Qualifikationen ganz besonders braucht. Diese Schulen können von der Alltags- und Lebenserfahrung der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger wirklich sehr profitieren, allerdings muss bei der pädagogischen Qualifizierung dringend nachgebessert werden.

Die verheerende Bestandsaufnahme der Digitalisierung erspare ich Ihnen. Ich fürchte, Frau Karliczek wird sich im nationalen Bildungsraum wieder verlaufen. Gehen Sie endlich die Basisdigitalisierung der Schulen an! Das wäre das Wesentliche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Aktuell steht die Erreichbarkeit der Schülerinnen und Schüler noch im Vordergrund. Das darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass Technik der Pädagogik folgen muss. Der Bericht bemängelt in diesem Zusammenhang, dass es an wissenschaftlichen Untersuchungen zum Nutzen digitaler Technologien im Unterricht immer noch fehlt. Auch hier besteht dringender Handlungsbedarf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ein Satz ist in allen Bildungsberichten wie in Stein gemeißelt – leider –: Die Bildungsausgaben bleiben, gemessen an der Wirtschaftskraft, weit unter EU- und OECD-Schnitt. Solange der Bund sich nicht angemessen und stetig an Bildungsinvestitionen beteiligt, fehlen die Mittel für gerechte Bildungschancen. Das dürfen wir nicht länger hinnehmen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Margit Stumpp. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Albert Rupprecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)