Rede von Sara Nanni Nationaler Veteranentag

Sara Nanni
25.04.2024

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Wehrbeauftragte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Veteraninnen und Veteranen! Meine Damen und Herren! Soldatin oder Soldat zu sein, das heißt im Äußersten auch, das eigene Leben zu gefährden, um einen Auftrag zu erfüllen. Der Auftrag heißt heute Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der Bundesrepublik Deutschland, der deutschen Bevölkerung und Einstehen für Frieden und Sicherheit in der Welt. Soldatin oder Soldat zu sein, heißt auch: Diese Erfahrungen bleiben für immer, die guten und die schlechten, auch wenn man längst im zivilen Leben angekommen ist, sich jeden Tag mit ganz anderen Dingen beschäftigt, der Auftrag gar nicht mehr der eigene ist – es bleibt.

Die Uniformen in der Deutschen Bahn, die neue sicherheitspolitische Lage, das alles hat Soldatinnen und Soldaten und ihren Auftrag sichtbarer gemacht, in der deutschen Gesellschaft, in der Berichterstattung, im Alltag. Aber Veteraninnen und Veteranen sind immer noch unsichtbar. Das wollen wir mit diesem Antrag ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sichtbar machen heißt auch, erst mal selber genauer hinschauen, auch wenn jemand keine Uniform mehr trägt. Vielleicht sprichst du gerade mit jemandem, der diesem Land gedient hat, der zum Äußersten bereit war oder es immer noch ist. Es lohnt sich, nachzufragen und zuzuhören. Da ist der Fahrer, der Kommandosoldat war, aus dem die Erinnerungen nur so heraussprudeln, die vielen negativen und die wenigen guten, der sich am Ende bedankt, weil es schön ist, dass da jemand zuhört. Da ist der ältere Herr im Zug, der neugierig auf meine Mappe im Flecktarnmuster schaut. Er hatte keine enge Bindung zu seinen Töchtern, als sie klein waren, weil der Beruf so viel von der Familie verlangt: ständig umziehen, alles für den Dienst. Jetzt will er es bei den Enkeln anders machen und fragt sich, wie. Oder da ist der Handwerker, der Zeitsoldat war und der gerade vom Auswärtsspiel mit seinem Fanklub unterwegs zurück nach Hause ist, der dabei war, als ein Kamerad bei einer Übung ums Leben kam, und sich an jedes Detail erinnert, obwohl es ein halbes Leben her ist.

Im Untersuchungsausschuss Afghanistan haben wir aktive Soldaten befragt, die weit über ihre physischen und psychischen Belastungsgrenzen hinausgegangen sind. Die Hingabe für den Auftrag, die Verantwortung, die sie gespürt haben, der Druck und teilweise auch die Wut über die Umstände lässt einem die Tränen in die Augen schießen und ehrfürchtig werden.

Das alles sind Menschen, die diesem Land, die dem Frieden in der Welt gedient haben, ihm vielleicht immer noch dienen und die zum Äußersten bereit waren und sind, Menschen, die stolz sein können, diesen Mut zu haben, so eine Pflicht anzunehmen, Menschen, die es verdient haben, von unserer Gesellschaft gesehen zu werden:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

ihren Mut, ihre Größe, ihre Sorgen, ihre Ängste, ihren Stolz und ihren Auftrag in all seinen Dimensionen und auch den Mut, die Größe, die Sorgen, die Ängste, den Stolz und den Auftrag in all seinen Dimensionen, ihre Familien und Freunde.

Es gibt noch viel für die Veteraninnen und Veteranen in unserem Land zu tun. Das bleibt so, auch wenn wir diesen Antrag gleich mit sehr breiter Mehrheit – ich möchte mich noch einmal bei den Kolleginnen und Kollegen bedanken, dass wir das so hinbekommen haben in diesen doch sehr polarisierten Zeiten – annehmen werden. Lassen Sie es uns als Anfang, ja, vielleicht als Neuanfang begreifen: Neuanfang im Verhältnis Bundestag und Veteraninnen und Veteranen, aber auch im Verhältnis Gesellschaft und Veteraninnen und Veteranen. So ein Neuanfang ist nötig. Ich freue mich, ein Teil davon zu sein, und lade Sie herzlich ein, auch ein Teil davon zu werden.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Vielen Dank. – Auch ich möchte es nicht versäumen, unsere Wehrbeauftragte zu dieser wichtigen und sensiblen Debatte zu begrüßen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass Sie heute wieder dabei sind. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich gebe das Wort an Hannes Gnauck für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)