Rede von Merle Spellerberg Nationaler Veteranentag

Merle Spellerberg
25.04.2024

Merle Spellerberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Als Mitglied des Verteidigungsausschusses sitze ich immer wieder Menschen gegenüber, die ihre Sorgen mit mir teilen – Sorgen über ihre Gesundheit, das Wohlbefinden ihrer Familie, ihre Zukunft.

In diesem Antrag geht es genau um diese Menschen – die Menschen, die das Fundament unserer Verteidigungspolitik sind. Es geht um die Soldatinnen und Soldaten unserer Parlamentsarmee, die wir hier im Hohen Haus mit Mandaten des Bundestages in Einsätze entsenden, die im schlimmsten Fall in diesen Einsätzen ihr Leben lassen. Es geht um Menschen, die versehrt zurückgekommen sind, die die Folgen noch lange nach den Einsätzen spüren. Es geht um die Veteraninnen und Veteranen, für deren Versorgung und Fürsorge wir als Abgeordnete des Deutschen Bundestages eine besondere Verantwortung tragen. Deshalb ist dieses Anliegen für uns als Parlament und als Gesellschaft so wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU])

Auch die bereits angesprochenen Invictus Games unter dem Motto „A Home for Respect“ im vergangenen Jahr stellten die Menschen in den Vordergrund. Es ging darum, den körperlich oder seelisch versehrten Soldatinnen und Soldaten und Veteraninnen und Veteranen den Raum und die Unterstützung zu geben, die sie für ihre Genesung und Rehabilitation benötigen. Es ging auch darum, Inklusion zu leben. Es ging darum, gemeinsam als Gesellschaft den Menschen Wertschätzung und Respekt entgegenzubringen. Es ging darum, diese Menschen und ihre Geschichten sichtbar zu machen.

Doch die Veteraninnen und Veteranen und ihre Angehörigen sind weiterhin oft nicht sichtbar; das wurde von den Kolleginnen und Kollegen bereits angesprochen. Einsätze wie Afghanistan und Mali: für viele längst vergessen. Der längste Einsatz der Bundeswehr, im Kosovo: für viele kaum präsent.

Dabei sind die Gefallenen und Verwundeten und auch alle anderen Veteraninnen und Veteranen allgemein Teil der Realität der Bundeswehr. Die Einsatzveteraninnen und -veteranen und ihre Angehörigen sind Teil unserer Gesellschaft, egal wie wir als Abgeordnete oder als Mitbürger/-innen zu einzelnen Mandaten stehen.

Die Verbesserung der Versorgung und Fürsorge steht für uns ganz klar an erster Stelle; denn Wertschätzung und Respekt müssen sich vor allem in schneller, unbürokratischer und umfassender Hilfe ausdrücken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU])

Die Kollegin hat es bereits angesprochen: In den letzten Wahlperioden haben wir hier im Parlament bereits wichtige Fortschritte erreichen können. Und trotzdem gibt es noch Lücken, die wir jetzt aber angehen.

Wir beschließen mit diesem Antrag eine einheitliche Verbesserung von Rehabilitationsmaßnahmen, Therapieangeboten und Betreuungskonzepten für Einsatzgeschädigte und deren Familien, die Ausweitung des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes auf ehemalige Berufssoldatinnen und -soldaten, in bestimmten Fällen eine Beweislastumkehr im Sinne der Soldatinnen und Soldaten und Veteraninnen und Veteranen, eine Beschleunigung von Verfahren und den Abbau bürokratischer Hürden. Und auch die externe Evaluierung von Leistungen für Einsatzveteraninnen und -veteranen ist ein wichtiger Teil dieses Antrages. Mit all diesen konkreten Maßnahmen werden wir unserer Verantwortung als Staat gegenüber den Menschen in der Bundeswehr gerecht.

Aber unsere gesellschaftliche Verantwortung geht noch darüber hinaus. Als Gesellschaft müssen wir uns mit den Einsätzen und den Menschen, die sie bestreiten, beschäftigen. Mit der Einführung des Veteraninnen- und Veteranentages schaffen wir einen Raum für Begegnung und Austausch mit der breiten Gesellschaft – öffentlich, im demokratischen Rahmen und für alle zugänglich, zentral in Berlin sowie lokal in den Ländern und Kommunen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU])

Einen Punkt möchte ich an dieser Stelle noch ganz deutlich machen: Es ist kein Tag von der Bundeswehr für die Bundeswehr. Es ist kein Tag der Heroisierung. Es ist auch kein Tag der Rekrutierung. Es ist ein Tag für die Menschen, die gedient haben, und ihre Angehörigen, für Begegnung, für Gedenken, für Zusammenhalt.

Und schließlich möchte ich diese Gelegenheit nutzen, meinen Dank auszusprechen – meinen Dank an die Soldatinnen und Soldaten, die ihren Dienst ausüben und ausgeübt haben, an die Soldatinnen und Soldaten, die dabei Verletzung, Verwundung und Tod anderer Menschen miterleben mussten oder durch Einsätze selbst schwere körperliche oder seelische Verwundungen davongetragen haben, und meinen Dank an die Angehörigen von Einsatzveteraninnen und -veteranen, die eine enorme Last tragen und oft eine außerordentlich wichtige Rolle im Genesungs- und Rehabilitationsprozess spielen. Vielen Dank an die Menschen, die sich mir und meinen Kolleginnen und Kollegen gegenüber geöffnet haben und ihre vielschichtigen, teils schmerzhaften Erfahrungen und Schicksale mit uns geteilt haben!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU])

Mit vielen von ihnen sind wir im engen Austausch. Einige von ihnen sind heute auch anwesend; das freut mich ganz besonders.

Und auch ich möchte mich dem Dank an die Kolleginnen und Kollegen Johannes Arlt, Kerstin Vieregge und Christian Sauter anschließen. Dieser Antrag ist ein wichtiger Schritt, ein Erfolg. Hierauf können wir gemeinsam gut aufbauen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Das Wort erhält Dr. Dietmar Bartsch für die Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)