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24.06.2021

Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte vor vier Jahren Hoffnung. Ich hatte Hoffnung, dass wir beim Insektenschutz vorankommen. Wir hatten eine große gesellschaftliche Offenheit für dieses Thema. Wir hatten IPBES, eine Plattform, die die Welt aufgerüttelt hat. Wir hatten ein Momentum in unserer Gesellschaft. Wir hatten Volksbegehren in vielen Ländern. Wir hatten Landesgesetzgebung. Wir hatten sogar eine Große Koalition, die in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben hat: „Wir werden das Insektensterben umfassend bekämpfen.“

Dieses Vorhaben, diesen Ausspruch haben Sie jetzt vier Jahre lang zerhäckselt. Von Ihrem Insektenschutzpaket ist bestenfalls noch das Verpackungspapier übrig geblieben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben eine Chance, mit den Landwirten und der Gesellschaft gemeinsam über den Umbau der Agrarstrukturen zu sprechen. Meine Kollegin Tackmann hat eben angesprochen, dass vor allem durch die Orientierung an der Globalisierung Probleme erzeugt werden, dass Bodenspekulationen nicht bekämpft werden, dass dies die Kernprobleme in der Landwirtschaft sind und der Insektenschutz bewältigbar wäre, wenn Sie ihn hätten leisten wollen. Aber Sie haben dieses Thema vorgeschoben. Sie haben es wie die anderen Umweltschutzthemen genommen, um von dem Versagen einer 16-jährigen CDU-Agrarpolitik abzulenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist jetzt von dieser großspurigen Ankündigung noch übrig geblieben? Ein Bundeswettbewerb – Sie haben Insektenhotels aufgehängt; eine gute Sache an und für sich, von einer Ministerin erwarte ich etwas mehr –;

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

ein Monitoringzentrum, das zwar beobachten darf, aber keine Analysen aus seinen Beobachtungen ziehen darf – völlig verrückt. Sie wollen Insektenlampen nicht mehr verwenden lassen, verbieten aber den Verkauf und den Handel nicht. Ich frage mich, wer das vor Ort kontrollieren soll, wenn die Dinger erst mal verkauft worden sind.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ferner: Kleinteilige und halbherzige Maßnahmen gegen die Lichtverschmutzung.

Zum Thema Landwirtschaft. Wir haben diese Woche aktuell die Rote Liste der Brutvogelarten auf den Tisch bekommen. Jede zweite Art ist vom Aussterben bedroht, ist in ihrem Bestand bedroht. Genau in dieser Zeit gipfelt Ihr Insektenschutzvorhaben, nenne ich es mal, darin, dass Sie für 0,6 Prozent der Fläche verbindliche Beschränkungen, verbindliche Verbote beim Pestizideinsatz haben wollen; alles andere ist freiwillig. Wir wollen mal darüber reden, was in Ihren Gesetzen und Ihrer Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung drinsteht. Für diese 0,6 Prozent der Fläche haben Sie jetzt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion – Frau Connemann, ich sehe Sie gar nicht, sie drückt sich heute offensichtlich vor der Debatte – den Bundestag erpresst, das Gesetz zigmal von der Tagesordnung verschoben. Diese 65 Millionen Euro, auf 0,6 Prozent der Fläche runtergerechnet – das ist mehr als die derzeitige Ökolandbauförderung, teilweise doppelt so viel.

Was Sie damit für einen Fehlanreiz setzen, was Sie für eine falsche Weichenstellung damit vornehmen, das müssen die nächste Bundesregierung und nächsten Parlamente ausbaden, und das muss die Bevölkerung vor Ort ausbaden. Damit haben Sie den Konflikt zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft auf ein neues hohes Niveau gehoben. Das hier auch noch positiv zu verkaufen, liebe Kolleginnen von der SPD, ist wirklich peinlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerletzte Anmerkung. Parallel kürzen Sie das Bundesprogramm Biologische Vielfalt. Förderzusagen von über 30 Millionen Euro werden dort zurückgenommen. Die Verbände stehen jetzt bei uns auf der Matte. Sie hatten schon die Zusagen und fragen sich jetzt: Warum werden wir nicht mehr gefördert? Sie kürzen das Auenschutzprogramm, und Sie lösen die Versprechung für einen Naturschutzfonds auf europäischer Ebene – das steht in Ihrem Koalitionsvertrag drin – nicht ein. Was auch nicht kommt, ist der Aktionsplan für die Schutzgebiete, die Moorschutzstrategie. Alles Fehlanzeige! Das sind alles Aussagen aus Ihrem Koalitionsvertrag. Der Naturschutz ist bei Ihnen in schlechten Händen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Danke. – Das Wort geht an Dr. Klaus-Peter Schulze von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)