Rede von Renate Künast Netzwerkdurchsetzungsgesetz

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06.05.2021

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines muss man sagen: Ich glaube, die meisten hier denken, dass die Zukunft unserer Demokratie im Netz entschieden wird. Das mag sich stark anhören, aber ich bin davon überzeugt. Warum? Es stellt sich jetzt die Frage, wie in dieser zentralen Infrastruktur dieser unserer Gesellschaft miteinander umgegangen wird, ob wir in der Lage sind, das, was im analogen Leben gilt, auch, wenn auch in etwas anderer Form, mit anderen Werkzeugen, ins digitale Leben zu übertragen. Wir müssen das machen, weil wir mittlerweile wissen, dass Menschen unterwegs sind, die Hass, die Hetze, die Vorbereitung von Terrorismus im Netz betreiben, die Leute in eine Blase holen, die dann im analogen Leben wirklich mit Waffen losziehen und Menschen ermorden oder gefährden. Deshalb sage ich: Die Zukunft der Demokratie wird im Netz entschieden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben wir in den Fällen von Christchurch und Halle sowie im Fall der Ermordung von Herrn Lübcke, dem Regierungspräsidenten, gesehen, meine Damen und Herren. Und ich muss an dieser Stelle leider sagen: Der Aufgabe, die daraus erwächst, wird diese Bundesregierung nicht gerecht. Sie verliert sich irgendwie in einer Vielzahl von Maßnahmen, es geht hin und her. Sie macht Vorschläge, die verfassungsrechtlich nicht standhalten oder hängenbleiben.

Um nicht nur negativ zu sein, sage ich: Ich bin ja froh, dass jetzt ein paar Dinge passieren. Übernommen werden Dinge, die wir in alten Anträgen, aber auch schon 2017 bei der Schaffung des Gesetzes aufgeführt haben. Wir haben schon damals gesagt, wir brauchen einfachere Meldewege. Wir haben schon damals gesagt, dass die Transparenzberichte so gestaltet werden müssen, dass man sie auch lesen und vergleichen kann, meine Damen und Herren. Gut, endlich kommt etwas.

Aber manches ist noch nicht zu Ende gedacht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum? Erstens – einige Kolleginnen und Kollegen haben es schon gesagt –: Ein vereinfachter Auskunftsanspruch, so wie er jetzt formuliert ist, reicht noch nicht für eine bessere zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung; und ich weiß, wovon ich rede. Zweitens. Wir brauchen Eilverfahren für Betroffene. Was bringt es denn, wenn du bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zwei, drei Jahre brauchst, Pirouetten drehst, und während dieser Zeit ist dieser ganze Hass oder die Fakeinformation über dich im Netz?

Wir brauchen mehr Forschung. Wir müssen mehr Forschung ermöglichen, meine Damen und Herren. Ich würde sagen, dass Ihre Vorlage, über die wir jetzt diskutieren, von der Realität längst überholt ist,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und ich will Ihnen auch sagen, warum. Es fehlen noch viele Dinge. Das werbebasierte Geschäftsmodell der Plattform wird gar nicht angegriffen. Der Schutz der Nutzer/-innen ist viel zu wenig da. An die Algorithmen gehen wir gar nicht ran, aber Algorithmen treiben die Polarisierung doch voran. Wir brauchen endlich eine ganzheitliche Strategie gegen Hass und Hetze im Netz, die tatsächlich die Plattformen in die Pflicht nimmt, ihren Beitrag zum Schutz der Betroffenen zu leisten, statt nur Geld zu verdienen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mein letzter Satz über das, was auch noch offen ist. Erstens. Ich stehe nicht im Verdacht, ein gutes Wort über Trump zu sagen, aber dass das Oversight Board von Facebook – nicht unabhängig – entscheidet, ob jemandem grundsätzlich der Account gesperrt wird, ist nicht in Ordnung, ja? Das muss man anders regeln bzw. dafür braucht es Regeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein zweites Beispiel.

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Das letzte Beispiel hoffe ich.

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja. – Dass es jetzt ein Instagram für Kinder geben soll, lässt mir eher die Haare zu Berge stehen. Nein, meine Damen und Herren, wir können nicht die Möglichkeit eröffnen, dass hier alle an alle Kinder rankommen und Kinder mehr gefährdet werden. Wir brauchen endlich einen ganzheitlichen Ansatz; mehr als das, was Sie heute hier vorlegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Vielen Dank. – Das Wort geht an Nadine Schön von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)