Rede von Misbah Khan Onlinezugang und Digitalisierung der Verwaltung

23.02.2024

Misbah Khan (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ist ja schon lustig. Erstens haben wir erkannt, dass die CDU/CSU immer noch traurig ist, dass sie kein Regierungsmitglied mehr stellt, das eine Debatte wie diese eröffnen kann.

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Ändert sich aber bald!)

– Das werden wir sehen.

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Sie tun alles dafür!)

Zweitens ist es auch lustig, zu sehen, dass die AfD die CDU/CSU braucht, um zu erkennen, welche Gesetze wichtig sind; aber so hilft halt einer dem anderen.

Was wir hier heute beschließen, ist nicht mehr und nicht weniger als ein Wendepunkt in der Bürger-Staat-Interaktion; es ist ein Meilenstein für das digitale Deutschland.

Ja, es hat vielleicht zwei Jahre gedauert; aber wir hatten relativ viele Fehler aus der Vergangenheit zu korrigieren, und es ist immer eine Herausforderung, wenn man auf Bestehendem aufbauen muss, das so vermurkst war wie das OZG 1.0.

(Beifall der Abg. Dunja Kreiser [SPD])

Es ist ein Paradebeispiel für eine Vision ohne einen klaren Plan, wie man sein Vorhaben denn eigentlich umsetzen will.

Frau Schön, Sie haben die Digitalisierung von Bund und Ländern mit dem Bauen eines Hauses verglichen. Das wäre dann ein Haus ohne Fundament. Es sieht vielleicht sogar schön aus; aber es ist praktisch nicht funktionsfähig. Kurzum: Das OZG 1.0 war „broken by design“. Die Konsequenzen konnten wir täglich spüren: absurde Prozesse, fehlende Standards, vermeidbare Verzögerungen. Sie sprachen von 17 Bauherren. Ja, aber die 17 Bauherren haben wir wegen Ihnen, liebe CDU/CSU.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Nein! Die Länder haben wir wegen des Grundgesetzes!)

– Darauf können wir gleich noch mal kommen.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Ich hoffe, Sie haben Ihre Bücher dabei, Herr Amthor!)

Der Punkt ist: Für die Architektur und die fehlenden Standards sind Sie verantwortlich, das ist Ihr Problem.

Die Reform des Onlinezugangsgesetzes ist also keine bloße Formalität. Wir möchten die Digitalisierung des Staates auch nicht einfach als Technik-Upgrade betrachten. Es geht um so viel mehr; denn die Verwaltung ist das Rückgrat unseres Staates, und der Zugang zur Verwaltung sollte deshalb reibungslos und leicht funktionieren. Es geht nicht nur darum, dass man Formulare jetzt online ausfüllen oder Dokumente hochladen kann, sondern wir möchten den Menschen das tagtägliche Leben erleichtern. Es geht um die alleinerziehende Frau, die das Antragstellen und das Warten in der Behörde quasi als zweiten Job empfindet. Und es geht darum, dass Menschen, die nicht mehr mobil genug sind, ihre Angelegenheiten von zu Hause erledigen können. Es geht also um einen Staat, der die Bedürfnisse versteht, die Bürgerinnen und Bürger haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ein digitaler Staat ist kein Nice-to-have, sondern eine politische Notwendigkeit.

Wenn unsere Beamten mit veralteter Infrastruktur und bürokratischen Hürden kämpfen müssen, können sie nicht mehr effektiv arbeiten. Es braucht also Investitionen und es braucht Innovation; aber es braucht vor allem auch einen Willen zur Veränderung. Und diesen Willen, liebe CDU/CSU, haben Sie 2017 missen lassen. Sie wollten eine Homepage; damit mussten wir arbeiten.

(Beifall der Abg. Dunja Kreiser [SPD])

Mit diesem Gesetz gibt es mehr Transparenz und mehr Nutzerfreundlichkeit; das hilft uns. Wir setzen auf klare Standards und offene Schnittstellen. So können EfA-Leistungen besser aufgebaut werden, und wir legen den Grundstein für eine vernünftige Nachnutzung im Föderalismus. Wir verstehen, dass es wichtig ist, auf Open Source zu setzen.

Außerdem haben wir einen Rechtsanspruch auf digitale Bundesleistungen festgelegt. Soweit ich weiß, regiert die CDU bzw. die CSU in neun Ländern. Es steht all diesen Ländern frei, zu entscheiden, ob sie auch einen Rechtsanspruch für ihre Leistungen etablieren möchten; niemand hindert sie daran.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Volker Redder [FDP])

Wir verstehen auch, dass persönliche Daten von Bürgerinnen und Bürgern geschützt werden müssen, dass die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Digitalisierung des Staates auch davon abhängt. Deshalb haben wir die IT-Sicherheitsstandards erhöht und setzen auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sowie ein Datenschutz-Cockpit als ein Instrument, mit dem die Bürgerinnen und Bürger Zugriffe auf ihre Daten nachkontrollieren können.

Wir schaffen mit diesem Gesetz eine Grundlage für eine inklusivere und vor allem eine gerechtere digitale Zukunft. Wir stehen am Anfang einer Reise; aber wir sind auf dem besten Weg und können sagen: Das digitale Deutschland ist keine Vision mehr, sondern ist bald Realität.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Die nächste Rednerin ist Barbara Benkstein für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)