Lamya Kaddor
11.10.2023

Lamya Kaddor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! Es fällt mir schwer, heute hier ans Rednerpult zu treten und richtige Worte zu finden; denn für diese unfassbare Barbarei gibt es keine passenden Worte. Kinder, Senioren, friedlich feiernde junge Menschen: gedemütigt, gequält, gefoltert, verschleppt, gezielt massakriert von Angesicht zu Angesicht und auch geschändet. In diesen Tagen ist nichts Menschliches mehr: über 1 200 ermordete Menschen, über 3 000 Verletzte, und es hört nicht auf. Die Geiselnahmen lassen Menschen auf der ganzen Welt fassungslos zurück. Eine weitere Dimension der Grausamkeiten, die an den Terror des IS erinnern, tut sich da auf. Die Hamas nutzt Social Media, um mit den Bildern ihrer grausamen Taten gezielt Propaganda zu verbreiten.

Natürlich: „Die Sicherheit Israels ist für uns Staatsräson.“ Dieser Satz der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel steht auch explizit im Koa-Vertrag, und er muss angesichts des Terrors gegen Israel auch handlungsleitend sein. Wir müssen handeln. Mitten in Deutschland, dem Land der Shoah, gab es Solidaritätsbekundungen. Jetzt gerade erreichte uns die Nachricht, dass Hunderte von Menschen in Neukölln zusammengekommen sind, die Solidaritätsbekundungen für die Gräueltaten der Hamas äußern.

Und ja, wir reden hier über Samidoun, und wir reden auch über die PFLP. Es ist nicht das erste Mal, dass Samidoun Angriffe gegen Israel glorifiziert. Wenn Unterstützer mörderischer Terroristinnen und Terroristen in Deutschland die Ermordung von israelischen Zivilisten und Zivilistinnen bejubeln, muss dies Konsequenzen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Karsten Hilse [AfD]: Richtig!)

Auch und gerade auf deutschen Straßen gilt: Die Sicherheit Israels ist Staatsräson. Die Innenministerin ist hier natürlich aufgefordert, vereinsrechtliche Maßnahmen sowie insbesondere die Möglichkeit eines Betätigungsverbots zu prüfen.

Wir müssen aber auch über Radikalisierung und Propaganda auf Plattformen wie TikTok sprechen, auf der Akteure mit aller Macht versuchen, Bilder und Videos zu produzieren und sie ins Netz zu spülen. Welche Auswirkungen Radikalisierung durch Extremisten hat, kennen wir seit dem IS ziemlich gut, und auch, wie viel Potenzial dahintersteckt.

Lassen Sie mich aber noch einige Worte in Richtung AfD verlieren, die diese Anträge heute vorgelegt hat. Eine Partei, deren Vertreterinnen und Vertreter die Auseinandersetzung mit der Shoah als – Zitat – „dämliche Bewältigungspolitik“ und das Holocaustmahnmal in Berlin als „Mahnmal der Schande“ bezeichnen, hat, wenn es um die Sicherheit Israels geht, jegliche Glaubwürdigkeit verloren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Eine Partei, die die Entnazifizierung als – Zitat – „systematische Umerziehung“ deklariert, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, ernsthaft um die Sicherheit Israels und der Jüdinnen und Juden besorgt zu sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine Partei, die die systematische millionenfache Ermordung von Jüdinnen und Juden als – Zitat – „Fliegenschiss“ abtut – ich komme zum Ende, Herr Präsident –, steht nicht an der Seite Israels.

(Zurufe von der AfD: Stimmt nicht! – Unterstellung!)

Es hat also gute Gründe, meine Damen und Herren, wenn wir genau Sie nicht allzu ernst nehmen, und es hat auch gute Gründe, warum israelische Delegationen Sie eben nicht empfangen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Kaddor. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Martina Renner, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)