28.09.2023

Erhard Grundl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Damen und Herren, diesseits der Brandmauer zu den Rechtsextremisten hier im Bundestag, der vorliegende Gesetzentwurf ist ein plastisches Beispiel für das, was jenseits dieser Brandmauer abgeht. Man blinkt in seinen Anträgen erst mal einigermaßen wirr herum und biegt dann scharf rechts ab.

Es geht Ihnen nicht darum, Medien unabhängiger zu gestalten, sondern darum, die vorhandenen unabhängigen Medien mit ihrem breiten Angebot, ihrem diversen Spektrum und ihrem kritischen Potenzial an die Kandare zu nehmen. Denn: Bei kritischer Berichterstattung, da mimost und lamentiert man ja gewöhnlich von rechts hinterm Vorhang als Erste.

Beispiel: ihr Stiefbruder im Geiste, der Bundesvorsitzende der Freien Wähler/-innen, Aiwanger. Einem Verdacht gegen einen exponierten Repräsentanten unseres Landes nachzugehen, wie im Fall des antisemitischen und menschenverachtenden Flugblattes aus Aiwangers Schulranzen, ist ganz eindeutig Aufgabe der freien Presse. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat das gemacht, und sie hat die Geisteshaltung des Pamphlets – zu dem der Politiker trotz mehrmaliger Nachfrage der Zeitung nichts sagen wollte – in Verbindung zu Aiwangers hetzerischen Aussagen auf einer Demo vor AfD-Sympathisantinnen und AfD-Sympathisanten Erding gebracht – auf einer Demo, bei der auf Plakaten politischen Gegnern Gewalt angedroht wurde! Das geschah unkommentiert und unwidersprochen von den Rednerinnen und Rednern auf der Bühne, auch vom stellvertretenden Ministerpräsidenten.

Diese Schmallippigkeit der sonst bei jeder Gelegenheit dröhnenden Lautsprecher ist eine Schande für die derzeitige Bayerische Staatsregierung. Anstatt sich der Verantwortung zu stellen, fällt dem stellvertretenden Ministerpräsidenten nichts anderes ein, als den Dreck am eigenen Stecken als „Medienkampagne“ zu diffamieren. Wie erbärmlich! Aiwanger fügt sich damit nahtlos in Ihre Reihen hier rechts außen ein: Sie wollen unabhängige Medien herabwürdigen und zum Schweigen bringen.

Was Sie unter „unabhängiger Presse“ verstehen, erfuhren wir vor Kurzem: Die AfD debattiert über die Einrichtung eines „AfD-freundlichen“ Senders. Ein Redner bekräftigte beim Bundesparteitag, dass das Thema „in die Wege geleitet“ werde. Ein eigener Kanal für Putins Propaganda, und das ist dann unabhängige Presse! Mit ihrem Sender würden Sie die „Falschmeldung“ zum Geschäftsmodell machen: kein Pressekodex, kein effektives System der Selbstkontrolle! Sie wollen sich die News of the World selbst zusammenschustern.

Wie, das zeigen Ihre Aktivitäten auf den bestehenden Social Media Accounts, auf denen sie massenhaft Fake News verbreiten. Mich würde mal die Offenlegung der Autorenschaft hinter den von der AfD betriebenen Tausenden Social Media Accounts interessieren. Aber wenn es um diese Trolle geht, ist diese Partei ja immer sehr verschwiegen. Da können Sie das Wort „Transparenz“ urplötzlich nicht mehr buchstabieren.

Von „FAZ“ bis „taz“, von RTL 2 bis Deutschlandfunk, von den Lokalzeitungen bis zu gemeinnützigen Medien wie „Correctiv“: Wir haben eine Medienvielfalt, die uns allen auf den Zahn fühlt – und das ist gut, und dem stellen wir uns. Diese Medienvielfalt werden wir erhalten und fördern, indem wir politisch für gute Rahmenbedingungen für Medienschaffende sorgen, indem wir die wirtschaftlichen Grundlagen des Journalismus absichern, die Medienanbieter gegenüber den großen Plattformen stärken und das Vertrauen in unabhängige Berichterstattung stärken. Freie Medien und unabhängige Journalistinnen und Journalisten sind demokratierelevant!