Rede von Canan Bayram Persönlichkeitsschutz bei Bildaufnahmen–Upskirting

02.07.2020

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Strafbarkeit unbefugter Bildaufnahmen von Verstorbenen begrüßen wir. Der Gesetzentwurf im Übrigen wird allerdings den Anforderungen, die die Schutzgüter, das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot und die notwendige Praxisgerechtigkeit stellen, nach wie vor nicht hinreichend gerecht.

Die einzige positive Veränderung ist, dass der Tatbestand nun als Straftat insbesondere gegen die sexuelle Selbstbestimmung gesehen und in diesem Teil des Strafgesetzbuches verortet wird – das begrüßen wir ausdrücklich. Ansonsten gibt es Mängel, die dazu führen können, dass der neue § 184k des Strafgesetzbuches ein symbolpolitisches Placebo bleibt – und das ist das Gegenteil dessen, was wir brauchen. Warum?

Mal abgesehen davon, dass die Vorschrift als Antragsdelikt nur wenig Wirkung entfalten wird, ist es die unverständliche Begrenztheit und Unbestimmtheit des Tatbestandes, die wir kritisieren. Erstens: weil Nacktheit nicht insgesamt gegen unbefugte Bildaufnahmen und deren Verbreitung geschützt wird. Damit verfehlt die Regelung die Anforderungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der sexuellen und informationellen Selbstbestimmung und des Rechts am eigenen Bild. Die Änderungsanträge der Linken und der FDP machen dies dagegen genau richtig, und deshalb stimmen wir beiden auch zu. Zweitens: weil der neue Straftatbestand in der Praxis zu Anwendungsschwierigkeiten und für die Opfer belastenden Streitereien führen wird.

Da hilft es den Opfern auch nur wenig, wenn ihre Aussagen aufgezeichnet werden und in die Verhandlung eingespielt werden dürfen. Die Definition der geschützten Körperbereiche mit dem Zusatz – ich zitiere wörtlich – „soweit sie gegen Anblick geschützt sind“ ist rechtstechnischer Murks. Das wird zu nicht lösbaren Auslegungsschwierigkeiten führen, genauso wie die Verwendung des Begriffes Unterwäsche. Und das programmiert das diesbezügliche Verteidigungsverhalten von Beschuldigten genauso vor wie das subjektive Tatbestandmerkmal, dass der Täter mit Absicht gehandelt haben muss. Der Nachweis der Absicht ist kaum zu führen.

Ich denke deshalb nach wie vor, dass der Vorschlag des Deutschen Anwalt-vereins, eine präzise, objektiv und umfassend formulierte neue Ordnungswidrigkeit zu schaffen, der wirkungsvollere und auch aus strafrechtssystematischen Gründen bessere Weg wäre.

Gleichwohl: Angesichts des insgesamt zu begrüßenden Regelungsziels wird die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht ablehnen, sondern sich wegen seiner Mängel enthalten. Beim Gesetzentwurf des Bundesrates bleibt wegen dessen noch stärkerer Unbestimmtheit und Begrenztheit des Schutzbereiches nur die Ablehnung.