Rede von Maria Klein-Schmeink Personalschlüssel in Krankenhäusern

21.11.2017

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass wir an dieser Stelle – ich glaube, es ist sogar erstmalig so – über die Situation in der Krankenpflege und in der Altenpflege reden, und zwar mit dem eindeutigen Willen, der von allen Beteiligten hier im Parlament vertreten und geäußert wurde, sofort etwas zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Das ist etwas, weswegen ich sagen würde – auch an die Wählerinnen und Wähler –: „Wählen lohnt“; denn es zeigt, dass Druck gemacht worden ist über die Gewerkschaften und die vielen Initiativen – zum Beispiel „Pflege am Boden“ und andere –, die deutlich gemacht haben: Es ist höchste Zeit.

Das muss man tatsächlich auch den Vertreterinnen und Vertretern der Großen Koalition nach vier Jahren vorwerfen: Sie haben zwar wirklich viel bewegt – Sie haben viele Pflegestärkungsgesetze und eine umfangreiche Krankenhausreform auf den Weg gebracht –, aber die Situation der Arbeitskräfte in der Pflege hat sich nicht wirklich entscheidend geändert. Das muss man nüchtern feststellen,

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das stimmt!)

und man muss wirklich sagen: Hier haben wir Handlungsbedarf. Genau das zeigt sich deutlicher denn je.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben jetzt zwei Anträge vorliegen, die auf der einen Seite auf das Problem hinweisen und auf der anderen Seite bestimmte Lösungen aufzeigen. Wir werden uns wahrscheinlich nicht über alle Fraktionen hinweg auf alle diese Lösungsinstrumente verständigen können. Aber es deutet sich doch an, dass wir ein Sofortprogramm in der Altenpflege und in der Krankenpflege brauchen, und zwar beides mit einem großen Umfang. In der Krankenpflege muss es um 25 000 neue Arbeitsplätze gehen. Es muss in der Altenpflege um eine richtig große Anzahl Fachkräfte gehen, die auch wirklich in der praktischen Arbeit dort ankommen. Das muss sicher, stabil und verlässlich finanziert werden, damit wir sicher sind, dass es zu dieser Entlastung kommt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir das erreicht haben und gleichzeitig einsehen, dass diese Sofortprogramme nur ein Vorgriff sein können, weil sie nicht regelhaft sind – wir brauchen ja eine nachhaltige Lösung –, dann sehen wir ebenfalls: Wir brauchen ergänzend verbindliche Personalbemessungssysteme im Krankenhaus und in der Altenpflege.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da reichen die Untergrenzen in pflegesensiblen Bereichen im Krankenhaus nicht aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es reicht auch nicht, für die Altenpflege zu sagen: Wir werden das erst einmal entwickeln, und dann müssen wir sehen, ob wir das bundesweit durchsetzen können. – Nein, wir brauchen ein klares Signal und die klare Bereitschaft vonseiten der Politik: Wir sorgen durch normative gesetzliche Rahmenbedingungen dafür, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege stimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind wir den Pflegekräften schuldig, die zwar jetzt noch motiviert sind und in der Regel der Meinung sind, dass sie einen sinnstiftenden Beruf haben, und trotzdem diesen Beruf in der Krankenpflege im Schnitt nach 13 Jahren und in der Altenpflege nach 8 Jahren verlassen, weil sie sagen: Ich kann diesen Beruf nicht weiter ausüben, obwohl ich ihn liebe. – Das muss uns zu denken geben. Das muss für uns ein Warnzeichen sein, endlich und auch schnell zu handeln; denn wir können uns diesen Notstand aus verschiedenen Gründen nicht leisten,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

nämlich aus Gründen der Patientensicherheit und der Pflegequalität und auch deshalb, weil wir, wie wir wissen, nicht weniger, sondern mehr Fachkräfte brauchen. Wir werden noch viel mehr Fachkräfte für diesen Zukunftsberuf gewinnen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dafür brauchen wir attraktive, familienfreundliche Bedingungen und natürlich – gerade in der Altenpflege – eine Bezahlung, die stimmt und dem, was dort an Leistung erbracht wird, annähernd gerecht wird. Davon sind wir heute gerade in der Altenpflege noch weit entfernt. Da muss sich etwas tun.

Dazu gehört auch – das richte ich an die FDP –, dass wir uns für einen allgemeinverbindlichen „Tarifvertrag Soziales“ starkmachen, –

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Das machen wir aber dann in der nächsten Debatte.

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– der dazu führt, dass wir auch versprechen können, dass die Bedingungen in der Pflege stimmen. Das wäre doch ein schönes gemeinsames Projekt für alle Beteiligten im Parlament. Denn wir alle wissen: Von Pflege profitieren wir alle, und die haben wir auch alle nötig.

In diesem Sinne: Eine gute weitere Beratung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)