Rede von Dr. Janosch Dahmen Pflegepersonal im Krankenhaus
Dr. Janosch Dahmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir befinden uns heute in der ersten Lesung zu einem sehr wichtigen Gesetz, wie der Bundesgesundheitsminister es am Anfang bereits eingeführt hat. Wir treten ein in eine wichtige Phase überfälliger Reformen im Bereich der Pflege, die seit vielen Jahren hätten auf den Weg gebracht werden sollen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir haben im Koalitionsvertrag eine Forderung von Gewerkschaften, von der Pflege selbst, von Fachgesellschaften, von der Deutschen Krankenhausgesellschaft aufgegriffen, endlich eine Personalbemessung im Bereich der Pflege einzuführen, die Licht ins Dunkel von Defiziten im Bereich der Krankenpflege bringt, was seit Jahren bekannt, aber nicht quantifizierbar ist. Die Koalition hält Wort, setzt um, was die Forderung aus der Gesellschaft ist, und das ist Gegenstand des Gesetzes.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wenn wir uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auseinandersetzen, ist aus dem Kreis der Union zu hören, dass wir eine Situation haben, in der den Kliniken, in der den Menschen im Gesundheitswesen das Wasser bis zum Hals steht. Ja, das ist richtig. Wir erleben gerade eine neue Herbst/Winter-Welle, die in erheblichem Maße die Menschen in den Krankenhäusern belastet, die durch Krankheitsausfälle dazu führt, dass die Versorgung an verschiedenen Stellen – wie es Herr Monstadt richtig vorgetragen hat – wirklich ernstzunehmend gefährdet ist. Das heißt, das Allererste, was wir tun müssen, ist, die Infektionsdynamik kurzfristig zu bekämpfen. Die Länder sind aufgefordert, den Handlungsrahmen, den der Bund ihnen mit dem Infektionsschutzgesetz gegeben hat, durch Maskenregeln im Innenraum umsetzen, um hier kurzfristig Druck rauszunehmen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)
Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir die langfristigen Reformen auf den Weg bringen, indem wir durch eine Personalbemessung feststellen, wo welcher Bedarf konkret vorliegt – ein Vorschlag, der nicht nur aus dem Kreis der aktuellen Koalition kommt, sondern der im Übrigen von Ihnen aus der Union mit entwickelt wurde. Sie hatten aber nie den Mut, in den acht Jahren, in denen Sie das Gesundheitsministerium verantwortet haben, Klarheit über das Defizit unseres Gesundheitswesens zu schaffen, das de facto besteht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dieser Ansatz, sich hier ehrlich zu machen, bedeutet auch, dass wir sehen, wie sich über Jahre eine Welle der Demografie über unser Gesundheitswesen aufgebaut hat, die uns jetzt gravierend bedroht, und zwar in doppeltem Sinne: einerseits durch Pflegepersonal, durch Gesundheitsfachkräfte, die aufgrund ihres Alters ausscheiden, andererseits weil die Anzahl pflegebedürftiger Menschen jetzt noch mal rapide zunimmt, was uns alle hier in diesem Haus in den nächsten Jahren noch vielfach beschäftigen wird. Insofern ist es richtig, an dieser Stelle mit Maßnahmen einzuschreiten.
Ich möchte mit noch einem Missverständnis aufräumen, das gerade vorgetragen wurde: Wir sollten nicht sagen: „Nachts kommt keiner zur Arbeit“, sondern wir sollten uns in Zeiten knapper Ressourcen fragen: „Welche Fälle müssen denn wirklich im Krankenhaus behandelt werden, oder welche können sinnvollerweise aus medizinischen Gründen ambulant viel besser versorgt werden?“
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)
Inwieweit Behandlungen in den ambulanten Bereich verlagert werden und Maßnahmen in diesem Sinne zum Gegenstand dieses Gesetzes gemacht werden sollten, das werden wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens intensiv gemeinsam beraten. Gegebenenfalls sind Ergänzungen vorzunehmen. Ich lade also die Oppositionsfraktionen ein, in einen konstruktiven Dialog einzutreten, nicht über das Gesetz zu schimpfen, sondern echte Probleme zu lösen.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Maximilian Funke-Kaiser hat das Wort für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)