Rede von Kordula Schulz-Asche Pflegepersonal im Krankenhaus

Foto von Kordula Schulz-Asche MdB
02.12.2022

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die professionelle Pflege in Deutschland, und ein langer Kampf findet seinen Abschluss.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich danke ausdrücklich Verdi, dem Deutschen Pflegerat und der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die Entwicklung dieses Instruments, der PPR 2.0,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sepp Müller [CDU/CSU]: Dann setzen Sie es auch sofort um! – Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Setzen Sie es um!)

der Regelung zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus, die wir jetzt schnell einführen, während wir gleichzeitig damit beginnen, sie wissenschaftlich weiterzuentwickeln, weil die bisherige Form nicht detailliert genug ist. Wir werden uns daranmachen, ein vernünftiges Instrument zu entwickeln, um die professionelle Pflege im Krankenhaus abzubilden, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Und wir werden endlich der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern gerecht. Es wird auch eine Personalbemessung für die Pflege von Kindern geben. Das ist längst überfällig; das haben Sie in den Jahrzehnten Ihrer Verantwortung versäumt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Sepp Müller [CDU/CSU]: Dann setzen Sie es doch um! Nichts setzen Sie um!)

Wir werden auf den Intensivstationen das Instrument INPULS einführen und weiterentwickeln. Auch das ist längst überfällig; denn wir wissen, welche prekären Situationen auf den Intensivstationen herrschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollegin, ich habe die Uhr angehalten und stelle Ihnen die Frage, ob Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Gürpinar gestatten.

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Selbstverständlich.

Ates Gürpinar (DIE LINKE):

Das freut mich sehr, dass Sie das als selbstverständlich ansehen, Frau Schulz-Asche. – Vielen Dank für die Zulassung der Frage, Frau Präsidentin. – Ich könnte jetzt fragen, was „kurzfristig“ und „schnell“ bei der Einführung der PPR 2.0 bedeuten, wenn 2025 dahintersteht. Das wäre sozusagen die kurzfristige Umsetzung des Koalitionsvertrages, was jetzt auch ein Jahr gedauert hat seit Beginn der Legislatur.

(Dr. Christos Pantazis [SPD]: Also!)

Ich stelle aber eine andere Frage: Die Union und wir als Linke haben gemeinsam einen Antrag gestellt, der auf das Veto des Finanzministers Lindner hinweist. Ich habe ihn vorhin als Steuermann der Revolution beschrieben. Jetzt wollte ich Sie tatsächlich mal fragen – weil niemand der Koalitionskolleginnen und ‑kollegen darauf bisher eingegangen ist –: Wieso haben Sie denn den Antrag von unseren beiden Fraktionen abgelehnt? Es kann in unseren Augen nicht sein, dass die Pflegepersonal-Regelung 2.0 damit, mit dem Vetorecht, eingeführt werden kann.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Weil er schlampig geschrieben war!)

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Erstens haben wir noch gar nicht abgestimmt.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zweitens haben Sie den nicht gemeinsam gestellt, sondern es gibt zwei unterschiedliche Anträge. Also, ich sortiere erst einmal vor.

(Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])

Aber ich möchte auf Ihren Einwand eingehen, weil der Punkt tatsächlich zu Irritationen führt. Ich denke, wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass in einer Regierung alle Ressorts an bestimmten Entscheidungen beteiligt werden und nicht nur ein Ressort. Ich gehe davon aus, dass es auch in Zukunft so sein wird, dass alle Ressorts, die betroffen sind, einbezogen werden, nicht nur das Finanzministerium.

Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass das Krankenpflegepersonal in Deutschland von den Krankenkassen und nicht aus dem Bundeshaushalt bezahlt wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist doch noch mehr ein Argument dafür, es nicht zu machen! – Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Das ist noch absurder!)

– Nein, das ist überhaupt kein Argument! Was soll denn der Einspruch bedeuten?

(Tino Sorge [CDU/CSU]: „Im Einvernehmen“!)

Wie gesagt, ich finde, man hätte auf diese Formulierung verzichten können, aber sie steht drin, und sie wird keine Auswirkungen auf die Pflegepersonalbemessung haben, die wir brauchen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Darauf hat das Finanzministerium keinen Einfluss; denn die Finanzierung des Pflegepersonals erfolgt nicht über den Bundeshaushalt, und das ist auch gut so!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Außerdem möchte ich Ihnen noch sagen, welche Begleitmaßnahmen notwendig sind. Es kann ja sein, dass durch die Einführung erst einmal deutlich wird, dass wir zu wenig Personal haben. Deswegen werden wir eine ganze Reihe von Maßnahmen umsetzen, zum Beispiel die Stärkung des Deutschen Pflegerats im Gemeinsamen Bundesausschuss. Denn wir werden sehr viel mehr qualifizierte Pflegekräfte brauchen. Dazu brauchen wir eine gemeinsame gesellschaftliche Anstrengung. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns dabei helfen und unterstützen würden. Ich glaube, mit diesem Gesetz sind wir dazu auf einem guten Weg. – Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Jessica Tatti [DIE LINKE]: Sehr gerne!)

Wir legen heute mit diesem Gesetz den Grundstein für die längst überfällige Aufwertung der professionellen Pflege in der stationären Versorgung in Deutschland. Das ist gut für den Beruf, das ist aber vor allem auch im Interesse der Menschen in Deutschland, die ins Krankenhaus kommen, der kranken Menschen, die es verdient haben, dass wir in Zukunft gute Versorgung sicherstellen, und zwar gemeinsam als Gesellschaft, aber eben auch als Professionelle, die in diesem Bereich arbeiten. Die Menschen haben es verdient. Sie brauchen diese gute Pflege, und die Aufwertung ist längst überfällig nach so vielen Jahren des Versagens und des Ausbleibens dieser deutlichen Zeichen für eine qualitative Verbesserung der professionellen Pflege. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen. Ich habe den Eindruck, dass auch die Oppositionsparteien bereit sind, mitzuwirken, und von daher freue ich mich auf die Zusammenarbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Jetzt ist meine Redezeit leider zu Ende. Ich hätte gerne noch die Frage des Kollegen Sorge zugelassen.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das ahnte ich. Aber ich bin auch gehalten, dafür zu sorgen, dass wir wenigstens noch ein Stückchen in der verabredeten Debattenzeit bleiben und nicht die Redezeit, die Ihnen die Fraktion gewährt hat, verdreifachen.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Ich fühle mich diskriminiert, Frau Präsidentin!)

– Ach, Kollege Sorge.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Axel Müller für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)