Rede von Matthias Gastel Planungen im Verkehrsbereich
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der letzten Sitzungswoche hat der Bundestag zwei Gesetze beschlossen, die zum Ziel haben, Verkehrsprojekte schneller zu realisieren. Das erste Gesetz ist unstrittig, das zweite Gesetz ist strittig, möglicherweise auch rechtswidrig und wird nach unserer Einschätzung nicht dazu führen, dass die Dinge schneller vorangehen.
Die FDP fand beide Gesetze gut und ist der Meinung, noch ein drittes Gesetz draufsetzen zu müssen. Umso mehr Gesetze, umso schneller geht das Ganze, scheint dort die Meinung zu sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Maßnahmengesetz – das ist das strittige der beiden bereits beschlossenen Gesetze – lässt ebenso offen wie der Antrag der FDP, was genau eigentlich mit „frühzeitige Bürgerbeteiligung“ gemeint ist: Ist das eine reine Information der Bürgerinnen und Bürger? Oder soll es auch darum gehen, sich die Alternativen anzuschauen, Varianten auf Stärken und Schwächen abzuklopfen, damit man im weiteren Verfahren genau weiß, worauf man Wert legen muss, worauf man achten muss, um Rückschleifen zu vermeiden und damit tatsächlich das Ganze zu beschleunigen?
Aus unserer Sicht ist völlig klar, dass Bürgerbeteiligung mehr sein muss als die Vermittlung von Informationen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Meinung einbringen können; es muss um Alternativen und Varianten gehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wer eine Bürgerrechtspartei sein möchte, muss genau das wissen und auch entsprechend festlegen. Das ist weder in der Koalition passiert, noch hat die FDP entsprechende Aussagen in ihrem Antrag gemacht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es muss also darum gehen, die Risiken mit einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung zu erkennen, um sie im weiteren Planungsverlauf entsprechend berücksichtigen zu können, damit eine zielgerichtete Planung möglich ist, Rückschleifen, Proteste und mögliche Klagen vor Gericht vermieden werden und es am Ende schneller vorangeht.
Das eigentliche Problem der FDP ist aber, dass sie an der längst gescheiterten Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte festhalten und immer mehr Straßen bauen möchte. Das wird aber nicht funktionieren; das führt uns nicht voran.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
In Deutschland ist jedes Haus mit einer Straße erschlossen, aber wir haben über 100 Mittelzentren, die mit der Bahn nicht erreichbar sind. Wir haben Städte mit 30 000, mit 40 000, ja, sogar mit 60 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, wo kein Zug hinfährt.
(Felix Schreiner [CDU/CSU]: Beides brauchen wir!)
Da muss doch klar sein, worauf der Fokus bei den Investitionen gelegt werden muss – sicherlich nicht auf die Straßen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Michael Donth [CDU/CSU]: Schiene an jedes Haus, oder was? – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Sollen Schienen an jedes Haus kommen, oder was? Ist doch reine Ideologie!)
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht deutlich: Schnelligkeit ist kein Wert an sich. Die Projekte müssen auch einen Sinn machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Ihre Rede macht keinen Sinn!)
Erst dann macht nämlich eine Beschleunigung von Infrastrukturprojekten tatsächlich Sinn. Dafür brauchen wir eine wirklich frühzeitige Bürgerbeteiligung. Wir brauchen mehr Personal für die Planung, die Genehmigung und die Umsetzung von Bauprojekten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen wissen, was wir wollen. Wir müssen wissen, wie wir eine nachhaltige Mobilität sichern wollen, und dann diese notwendigen und sinnvollen Projekte zügig angehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Es geht um Beschleunigung!)
Vizepräsident Thomas Oppermann:
Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Florian Oßner.
(Beifall bei der CDU/CSU)