Rede von Linda Heitmann Postmärkte

Linda Heitmann
15.12.2023

Linda Heitmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Fraktionen! Stellen Sie sich mal vor, Sie kriegen heute die Zusage für Ihren Traumjob, aber der Arbeitgeber sagt Ihnen: Sie müssen mir noch eine beglaubigte Kopie Ihres Zeugnisses schicken. Das muss spätestens in zwei Tagen hier sein; sonst klappt das nicht. – Wie verschicken Sie jetzt das Zeugnis? Aus meiner Sicht haben Sie dafür momentan drei Möglichkeiten. Die erste ist der Standardbrief für 85 Cent. 80 Prozent dieser Briefe kommen am nächsten Tag an; 20 Prozent kommen aber nicht am nächsten Tag an. Gehen Sie das Risiko ein?

(Reinhard Houben [FDP]: Nein! Nein!)

Sie hätten außerdem die Möglichkeit, einen Prio-Brief für 1,95 Euro zu verschicken. Da verspricht die Post: Die Zustellung erfolgt in der Regel am nächsten Tag. Aber sie sagt nichts dazu, ob der Brief auch wirklich eingeworfen wird. Oder Sie nehmen die dritte Option und entscheiden sich für das Einwurfeinschreiben. Für 2,35 Euro zusätzlich garantiert die Post, dass der Brief tatsächlich eingeworfen wird. Aber zur Brieflaufzeit sagt die Post hier leider wenig. – Sie sehen schon: Die Entscheidung, wie Sie Ihr Zeugnis schicken, ist nicht ganz leicht. Sie sehen aber auch: Wir haben momentan, wie ich finde, eine mangelnde Transparenz bezüglich der Frage, was man an Leistung kriegt für das Geld, das gezahlt wird.

Wir haben jetzt den Entwurf einer Postgesetznovelle vorliegen. Gute Arbeitsbedingungen bei den Anbietern ist ein wesentlicher Grundsatz, der darin verankert ist. Klimaschutz ist ein zweiter wesentlicher Grundsatz, der darin verankert ist. Ich finde, wir brauchen noch ein drittes Ziel, auf das hin wir diesen Entwurf genau überprüfen müssen, nämlich gute Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher. Gute Transparenz heißt für mich: Es muss flächendeckende, effektive Dienstleistungen der Post geben, in der Stadt und auf dem Land. Sie müssen verlässlich sein. Die Zustellungen müssen auch bis zur Haustür erfolgen. Und wir brauchen Klarheit darüber: Was bekomme ich an Dienstleistung zu welchem Preis?

Ein weiterer Punkt ist: Es darf keinen Zwang zum Digitalen geben. Es muss auch weiterhin analoge Optionen bei Postdienstleistungen geben. Jeder und jede muss Sendungen weiterhin an der Ecke abgeben können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was mir auch wichtig ist: In dem Entwurf ist verankert, dass Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern über die Bundesnetzagentur möglich sind, wenn die Versprechungen nicht eingehalten werden. Es gibt auch Mittel zur Sanktionierung. Das ist ein wichtiger Fortschritt in Sachen Verbraucherschutz.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Union, Sie haben in Ihrem Antrag viele dieser Forderungen aufgeschrieben. Wir sind uns an vielen Stellen einig. Ich hoffe, dass es deshalb zu wirklich guten und konstruktiven Verhandlungen um die Postgesetznovelle kommen wird, bei denen wir Sie ein gutes Stück an unserer Seite haben, –

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin.

Linda Heitmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– sodass wir hier nachher im Sinne der Bediensteten der Post, –

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.

Linda Heitmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– im Sinne des Klimaschutzes und auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher einen guten Postmarkt der Zukunft haben.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Reinhard Houben [FDP])

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Heitmann. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Axel Knoerig, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)