Dr. Till Steffen
13.12.2023

Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, Herr Brandner, es ist immer wieder die gleiche Show. Sie erzählen hier immer wieder falsche Geschichten. Es ist absolut nicht richtig, was Sie hier vorgetragen haben.

(Jürgen Braun [AfD]: Was denn?)

Es ist kein rechtswidriger Zustand entstanden, indem die hier vorgeschlagenen Kandidaten der AfD nicht gewählt wurden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und bei fraktionslosen Abgeordneten – Stephan Brandner [AfD]: Schauen Sie in die Geschäftsordnung!)

Sie haben sich das ja vom Bundesverfassungsgericht bestätigen lassen. Was hat das Bundesverfassungsgericht 2022 gesagt? Es hat gesagt, Ihr Normenkontrollantrag sei offensichtlich unbegründet, und Ihren Antrag zurückgewiesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten – Stephan Brandner [AfD]: Das war kein Normenkontrollantrag!)

Ja, jede Fraktion hat das Recht, einen Vorschlag für das Präsidium zu machen. Jede Fraktion hat das Recht dazu. Aber diese Vorschläge stehen unter dem Vorbehalt der Wahl durch dieses Haus. Und wir als Abgeordnete stellen uns eine ganz zentrale Frage: Sind die vorgeschlagenen Personen geeignet, die Würde dieses Hauses zu repräsentieren und auf die Einhaltung der Würde dieses Hauses zu achten?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Ich sage: Für diese Aufgabe, für diese Anforderungen ist Petra Pau hervorragend geeignet.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie ist eine langjährige Abgeordnete –

(Stephan Brandner [AfD]: Altkommunistin!)

seit 1998 – und eine erfahrene Abgeordnete. Sie ist anerkannt unter Abgeordneten und in der Bevölkerung. Sie ist eine Frau mit Haltung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Sie engagiert sich, auch wenn ihr Wind entgegenweht. Sie steht Schwächeren bei. Sie steht Menschen bei, die Schutz brauchen.

(Jürgen Braun [AfD]: Funktion in einer Diktatur! Das loben Sie!)

So hat sie zum Beispiel 2014 Flüchtlingen beigestanden, auch wenn Ihre Brüder und Schwestern im Geiste sie massiv bedroht haben. Da hat sie denen gegenüber Solidarität gezeigt, die Solidarität brauchten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und bei fraktionslosen Abgeordneten – Stephan Brandner [AfD]: Sie fand den Schießbefehl gut wahrscheinlich! – Jürgen Braun [AfD]: Sie verteidigen Leute, die in einer Diktatur eine Funktion hatten! Das sind offenbar Ihre Vorbilder!)

Das gilt auch für die Amtsausübung im Hause. Das Präsidium hat das Amt neutral auszuüben, und es hat darauf zu achten, dass Abgeordnete hier nicht herabgewürdigt werden. Das Präsidium muss die Instrumente, die ihm zur Verfügung stehen, nutzen, um Abgeordnete zu schützen, die hier von anderen, insbesondere aus Ihren Reihen, herabgewürdigt werden. Zum Schutz dieser Abgeordneten müssen die Instrumente eingesetzt werden. Petra Pau macht das in vorbildlicher Weise.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Von all diesen Werten haben die Kandidaten, die die AfD hier vorgeschlagen hat, keine Ahnung. Herr Brandner, Sie selber haben ja deutlich gemacht, dass Sie nicht in der Lage waren, in einer ähnlichen Funktion einem Ausschuss vorzusitzen. Sie wurden dann dementsprechend abgewählt.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war auch gut so! – Stephan Brandner [AfD]: Ja, was war denn da die Geschäftsgrundlage?)

Und Sie haben ja auch hier immer wieder unter Beweis gestellt, dass Sie auf Kriegsfuß mit unserer Verfassungsordnung stehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Sie drehen es, wie Sie wollen!)

Vor wenigen Wochen haben Sie hier, von diesem Pult aus gesagt – ich zitiere Sie –, dass Sie die Entpolitisierung des Bundesverfassungsgerichts und überhaupt der gesamten Justiz fordern.

(Stephan Brandner [AfD]: Genau! – Weitere Zurufe von der AfD)

Das ist das Drehbuch aller Rechtspopulisten: Angriff auf die Justiz, Angriff auf die Medien. Das ist es, was hier gespielt wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Die Verfassungsfeinde wollen auch noch in die Positionen gewählt werden. Und Sie waren einer der Kandidaten für dieses wichtige Amt. Sie wollten mit diesen Haltungen die Würde des Hauses repräsentieren.

(Zurufe von der AfD)

Da sagt die Mehrheit in diesem Parlament zu Recht: Das kann nicht sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Das reduziert sich ja nicht auf Sie als Person. Morgen soll Thomas Seitz für das Parlamentarische Kontrollgremium kandidieren, das den Verfassungsschutz und andere Dienste überwachen soll. Er war ja schon mal Staatsdiener. Dann gab es ein Gerichtsverfahren, und das Gericht hat gesagt, dass Herr Seitz die Pflicht zur politischen Mäßigung, Neutralität, Unparteilichkeit und Verfassungstreue nicht einzuhalten in der Lage sei. So jemand, der nicht in der Lage ist, sich an die Verfassungstreue zu halten, soll über den Verfassungsschutz wachen.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie reden am Thema vorbei!)

Das ist genau die Art von Vorschlägen, die Sie machen und die die Mehrheit dieses Hauses zu Recht ablehnt. Das ist das Muster, nach dem die AfD hier immer agiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Und tatsächlich: Ja, wir waren erschüttert, weil wir in der Tat Wert darauf legen, dass die CDU/CSU in der Auseinandersetzung mit der AfD an unserer Seite steht. Herr Amthor, Sie haben ja eben sehr viele Worte gebraucht, nur um am Ende zu erklären, dass Sie das Gleiche machen, was die AfD möchte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Nein! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Nein! Das stimmt doch nicht! Das ist doch falsch!)

Sie sagen nämlich: Nein, wir fordern Petra Pau nicht direkt zum Rücktritt auf. Nein, nein, das machen wir auf keinen Fall. Das würden wir nie machen. Wir ändern erst mal die Geschäftsordnung, um dann zu regeln, wie denn eine Abwahl stattfinden soll. – Genau das haben Sie eben gesagt. Sie wollen zu dem gleichen Ergebnis kommen. Und der Umstand, dass Sie nicht in der Lage waren, dieses Anliegen hier zum Gegenstand einer eigenen Debatte zu machen, macht ja deutlich, was bei Ihnen eigentlich los ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und bei fraktionslosen Abgeordneten)

Worum geht es denn eigentlich? Das ist ja offenkundig: Während die AfD sagt: „Da müsste einer von uns sitzen“, sagt bei Ihnen die CSU: „Da müsste einer von uns sitzen“. Deswegen haben Sie Megadruck intern

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Wir haben gar keinen Druck!)

und können diese Gelegenheit gar nicht auslassen. Sie können gar nicht Nein sagen zu dem Antrag der AfD. Nein, Sie müssen mit einem eigenen Antrag kommen und mit einer so verschwurbelten Rede, wie Sie sie eben gehalten haben. Ich finde, das ist Ihrer Fraktion nicht würdig, und das findet ja auch die ganz große Mehrheit Ihrer Fraktion. Herzlichen Glückwunsch dazu!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Mir bleiben nur noch drei Worte: Petra Pau bleibt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Der nächste Redner in dieser Debatte ist Wolfgang Kubicki für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)