Rede von Dr. Konstantin von Notz Privatsphäre und Sicherheit im digitalen Raum stärken

29.11.2018

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Jimmy Schulz! Im Bereich der IT-Sicherheit brennt die Hütte lichterloh. Wir wissen es seit langem: Der Bundesregierung kommt im Bereich der digitalen Infrastruktur eine direkte, sich aus unserer Verfassung ergebende Schutzverantwortung zu. Das haben wir und viele Fraktionen hier Dutzende Male thematisiert; die GroKo weiß das seit langem.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber dieser Schutzverantwortung werden Sie nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn Sie sich nicht fundamental bewegen, sind Sie Mitverursacher, ja sogar Teil dieses massiven Sicherheitsproblems, das wir konfrontieren, und zwar – es wurde angesprochen – durch den staatlichen Handel mit Sicherheitslücken, durch die Weigerung, eine umfassende Meldepflicht einzuführen, die wir übrigens in den Jamaika-Sondierungen längst verhandelt hatten, aber auch durch Ihre Totalverweigerung beim digitalen Verbraucherschutz und beim Setzen von Sicherheitsstandards und schließlich durch Ihre völlig unklare Haltung bei dem wichtigen Thema der Verschlüsselung und Kryptografie, meine Damen und Herren.

Statt den hoch kriminellen Schwarzmarkt für Sicherheitslücken mit öffentlichen Geldern zusätzlich zu befeuern, was Sie tun, und statt rechtlich im luftleeren Raum schwebende Einrichtungen wie ZITiS zu schaffen, brauchen wir eine echte Kehrtwende im Bereich der IT-Sicherheit. Kryptografie ist ein ganz zentraler Baustein, und deswegen danken wir Jimmy Schulz und der FDP-Fraktion für diesen guten Antrag, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Der Großen Koalition kann man nur sagen: Nehmen Sie sich endlich selbst beim Wort! Fragen Sie sich, warum eigentlich alle großen IT-Infrastrukturprojekte der letzten Jahre mit Milliardenkosten gefloppt sind! Machen Sie Deutschland endlich tatsächlich zum Verschlüsselungsland Nummer eins auf der Welt und die durchgehende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zum absoluten Standard bei allen IT-Projekten! Das, Marian Wendt, erreicht man nicht durch Reden. Dazu müssen Sie hier im Haus Gesetze machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marian Wendt [CDU/CSU]: Haben wir ja! IT-Sicherheitsgesetz! Es ist noch ein zweites in Arbeit, Konstantin! Da musst du mal mitstimmen!)

Papier ist geduldig. Sie müssen Gesetze machen.

Unterstützen Sie die Kryptografieforschung!

(Zuruf von der CDU/CSU: Das machen wir doch!)

Lösen Sie die IT-Sicherheit aus dem Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums!

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Sicherheit und Innenministerium ist eine Kombination!)

Stellen Sie das BSI endlich unabhängig, meine Damen und Herren!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Niema Movassat [DIE LINKE])

Beenden Sie Ihre nicht nur beim Thema „Verschlüsselung“ hoch widersprüchliche Digitalpolitik, deren Motto ist: Ich hätte es gern vegetarisch, aber mit ordentlich viel Fleisch. – Das geht am Ende des Tages nicht auf.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Genau! Fleisch ist unser Gemüse!)

Beenden Sie das cyberpolitische Bullshit-Bingo, das wir immer wieder hören und bald auf dem nächsten IT-Gipfel bestaunen können! Legen Sie das überfällige IT-Sicherheitsgesetz 2.0 vor! Einen langen Maßnahmenkatalog haben wir Ihnen hier vor Monaten vorgelegt.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Nein! Der war nicht gut, auch wenn er lang ist!)

Sie sind blank. Das ist unverantwortlich.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)