Rede von Ulle Schauws Pseudotherapien zur Änderung der sexuellen Orientierung

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07.05.2020

Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde wirklich Zeit. Dass wir heute endlich das Verbot der menschenverachtenden und gefährlichen Pseudotherapien beschließen, war längst überfällig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir Grüne fordern das seit 2013. Ich bin froh, dass wir uns als demokratische Parteien hier grundsätzlich einig sind und dass Minister Spahn es auch endlich angegangen ist. Danke dafür.

Viele Menschen, viel zu viele, haben unter diesen ungeheuer schädlichen Konversionsbehandlungen großes Leid erfahren. Ihre Würde, ihre Persönlichkeit, ihre Individualität als Mensch wurden zutiefst erschüttert. Diese Scharlatanerie gehört endlich verboten und verurteilt, und die unmissverständliche Botschaft, die mit dem Verbot einhergehen muss, lautet: Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit sind normal, ohne Wenn und Aber.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verschwörungstheorien und auch homo- und transfeindliche Stimmungen haben in diesen Zeiten wieder Konjunktur. Umso wichtiger ist es, mit diesem Gesetz ein klares Verbot ohne Lücken zu verabschieden. Es muss gefährdete Menschen und Schutzbefohlene vor diesen zum Teil lebensbedrohlichen Pseudotherapien konsequent schützen.

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und hier kommt das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen: Genau dieses leistet der Gesetzentwurf leider nicht. Dabei haben alle Expertinnen und Experten der Kommission und der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf verdeutlicht, dass jeder Versuch einer Konversionsbehandlung schädlich ist. Die Mehrheit äußerte konstruktive, aber auch eindeutige Kritik am aktuellen Entwurf der Koalition. Sie benennen genau die zwei Punkte, die wir Grüne als Änderungsanträge hier heute vorlegen: Der Gesetzentwurf erfasst nur Minderjährige bis 18 Jahre. Ich bin der festen Überzeugung, dass das nicht reicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Für die Altersgruppe zwischen 18 und 26 Jahren muss es einen vergleichbaren Schutz wie bei Minderjährigen geben. Coming-out-Prozesse sind nicht mit 18 beendet; sie dauern meist viele Jahre länger. Gleichzeitig sind die meisten jungen Erwachsenen auch dann noch von ihren Familien abhängig.

Gerade deshalb ist es unverantwortlich, dass Erziehungsberechtigte weiterhin von dem Verbot ausgenommen sind. So bleibt die Möglichkeit offen, Pseudotherapien durchzuführen, und zwar ohne Folgen. Aber gerade Erziehungsberechtigte haben doch unbestritten großen Einfluss auf ihre Schutzbefohlenen. Wir fordern, dass Jugendliche vor dem Druck aus ihrem engsten Umfeld geschützt werden müssen, und zwar ausnahmslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Was es begleitend zum Gesetz dringend zusätzlich braucht, ist eine breite Aufklärungskampagne. Dazu haben wir Grüne den weiteren Antrag gestellt, für den ich hier noch mal um Ihre Zustimmung werbe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre eine riesige Chance vertan, dieses Gesetz jetzt nicht zu vervollständigen. Viele von Ihnen hadern ja auch. Die Expertinnen und Experten und auch der LSVD und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen mahnen es an. Ich bitte Sie, unseren grünen Anträgen zuzustimmen und gemeinsam für ein starkes Gesetz im Sinne der Menschenwürde einzustehen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Erwin Rüddel für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)