Bernhard Herrmann
15.12.2022

Bernhard Herrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich herzlichen Dank sagen Ihnen, Herr Wirtschaftsminister Dr. Steinbach, aber auch Herrn Staatssekretär Kellner und meinen Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten, die zur Versachlichung beitragen und beigetragen haben. Denn nur so, konzentriert arbeitend – Dank an die Ministerien! – und gleichzeitig sachlich kommunizierend, werden wir der Herausforderung und der Aufgabe der jetzt und auch langfristig anstehenden Zukunftssicherung gerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Noch einmal klar und deutlich: Die Versorgung mit Erdölprodukten ist gesichert, in Westdeutschland und ebenso in Ostdeutschland.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!)

Am 1. Januar 2023 wird das Embargo auf Erdöl aus Russland in Kraft treten. Das nutzen einige, um unnötige Ängste zu schüren.

(Zuruf von der AfD: Die sind real!)

Dabei sind wir schon heute auf das Ölembargo vorbereitet, wie wir heute gehört haben. Auch in Ostdeutschland wird man nach Inkrafttreten des Embargos genügend Rohöl haben,

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ach? Echt?)

um in ausreichenden Mengen Diesel, Benzin und Heizöl für alle in Ostdeutschland zu produzieren, die es brauchen.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wird mit der Gießkanne hingetragen, oder was? – Zuruf von der CDU/CSU: Zu welchem Preis?)

Schauen wir uns einmal die Realität in den beiden ostdeutschen Raffinerien im Detail an. Beide haben zu Beginn des Jahres nahezu ausschließlich Rohöl aus Russland verarbeitet. Leuna hat sich im März entschieden, sich von Russland unabhängig zu machen und Öl aus anderen Quellen zu nutzen. Inzwischen hat Leuna seine Rohölversorgung erfolgreich komplett auf andere Lieferanten umgestellt.

Das PCK in Schwedt braucht und erhält mehr Unterstützung bei dieser Umstellung. Um das PCK aus der Abhängigkeit Russlands zu befreien, hat das BMWK Rosneft unter Kontrolle gestellt und so aus Putins fossilem Klammergriff befreit. Ermöglicht hat dies das novellierte Energiesicherungsgesetz, das der Bundestag als Antwort auf die Energiekrise umfassend reformiert hat. Der Energiehafen Rostock wird ausgebaut und die Pipeline Rostock–Schwedt ertüchtigt, um mehr Öl vom Hafen in Rostock transportieren zu können.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Wann denn endlich?)

Die Kosten dafür übernimmt vollständig der Bund.

Zur Beschaffung zusätzlicher Mengen hat Staatssekretär Kellner gerade von den erfolgreichen Verhandlungen mit Polen und den gut laufenden Gesprächen mit Kasachstan berichtet, sodass im folgenden Jahr die Vollauslastung wieder gegeben sein wird. Es ist entscheidend – das scheint Ihnen als Union egal zu sein, und das ist bitter –, dass wir als Europa zusammenhalten und mit Polen kooperieren. Das scheint Ihnen egal zu sein, und das macht Sorge. Zum Glück haben Sie an der Stelle zurzeit nichts zu sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was ist denn das für ein Schwachsinn?)

In einer schwierigen Gemengelage ist die Produktion des PCK gesichert, dank der beharrlichen Arbeit der Ampelkoalition und insbesondere des BMWKs. Auch wenn das PCK Schwedt in den ersten Monaten 2023 übergangsweise nicht vollständig ausgelastet sein könnte,

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Aha, jetzt wird es ja konkret, Herr Herrmann!)

kann mit den Raffinerien Leuna und Schwedt der Bedarf an Ölprodukten in Ostdeutschland problemlos gedeckt werden; denn wir haben bei wichtigen Infrastrukturen genügend Überkapazitäten, um genau solche Fälle zu bewältigen.

(Stephan Brandner [AfD]: Wie bei den Kliniken!)

Es wird genügend Ölprodukte geben. Wer was anderes behauptet, schürt nur unnötig – aber wohl aus ganz anderen Gründen – ganz gezielt Ängste in der Bevölkerung.

(Jens Koeppen [CDU/CSU]: Da redet der Blinde von der Farbe! – Stephan Brandner [AfD]: Verschwörungstheorien!)

Ebenso werden Befürchtungen geäußert, dass die Preise für Ölprodukte regional steigen könnten. Aber schauen wir doch mal die aktuellen Preise an. Die Tankstellen von Berlin werden überwiegend von dem PCK Schwedt beliefert, in der Tat. Ich habe mal nachgeschaut: Heute liegen die Benzinpreise in Berlin, wie an den meisten Tagen, deutlich unter dem Bundesschnitt.

(Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Die Preise in Ostdeutschland werden auch bei einer vorübergehenden gewissen Reduktion der Produktionskapazitäten in Schwedt stabil bleiben. Ölprodukte lassen sich gut transportieren. Sie würden einfach aus anderen Raffinerien beschafft.

(Lachen des Abg. Jens Koeppen [CDU/CSU])

Es gibt also keinen Grund zur Sorge über plötzliche Preissprünge bei Kraft- und Treibstoffen.

(Steffen Kotré [AfD]: Ach nee!)

Die Sorge der Beschäftigten des PCK und in der Stadt Schwedt hingegen verstehe ich nur zu gut. Erfahrungen mit dem Verlust von Arbeit, von Gewohntem, mit Entwurzelung haben wir im Osten in meiner Generation vor 20 bis 30 Jahren gemeinsam massiv erleben müssen.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Und dann machen Sie es noch mal!)

Die Folgen wirken oft noch bis heute nach. Auch deshalb hat die Ampelkoalition – anders als Sie damals – ein großes Zukunftspaket für das PCK in Schwedt geschnürt, um die Arbeitsplätze zu sichern sowie den Industriestandort und die Menschen in der Region zu halten und um wichtige Zeichen für die Zukunft der Region zu setzen. Für das Jahr 2023 ist sichergestellt, dass es aufgrund des Embargos keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Alle 1 200 meist gutbezahlten Arbeitsplätze sind sicher.

(Steffen Kotré [AfD]: Hoch subventioniert!)

Die große Frage ist doch aber: Wie geht es in Zukunft weiter, wie klappt es langfristig? Das geht nur klimaneutral. Die ostdeutschen Flächenländer haben ein enormes Grünstrompotenzial. Das ist ein großer Standortvorteil für die Wasserstoffindustrie, für ein Wegkommen von der Petrolindustrie.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Das haben wir gerade gesehen!)

Damit diese Chance aber nicht ungenutzt bleibt, unterstützt die Ampelkoalition die Transformation der Standorte in Schwedt und Leuna im Rahmen des schon benannten Programms zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur mit einer dreiviertel Milliarde Euro.

(Steffen Kotré [AfD]: Steuergeld!)

Mit diesen Maßnahmen stellen wir sicher, dass das PCK Schwedt gemeinsam mit der Raffinerie Leuna die ostdeutschen Bundesländer heute, morgen und übermorgen mit den notwendigen Energieprodukten versorgen wird und –

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Bernhard Herrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– an dieser Stelle gibt es Einigkeit zwischen uns und dem Antrag und den Ambitionen der Linken – die zukunftsfeste Transformation der Weg sein muss, um auch langfristig erfolgreich zu sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Der nächste Redner ist Robert Farle.